1. Manchmal ist der Kerl auch weggelaufen

    Weiterer Band "Eheberedungen" von Margarete Sturm-Heumann / Einblick in das frühere ländliche Leben

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    LANDKREIS (hb/m). Schon Graf Otto IV. von Holstein-Schaumburg hatte die schriftliche Aufzeichnung von Eheverträgen der ländlichen Bevölkerung beschlossen; 1577 wurde der Befehl erstmals im Druck erlassen. Der Landesherr wollte damit Streitigkeiten um Brautschätze, Abfindungen und Leibzuchten vermeiden, auch um seine eigenen Einkünfte nicht zu gefährden.

    Margarete Sturm-Heumann hat den inzwischen dritten Band der "Eheberatungen des Amtes Stadthagen" aus der Zeit von 1712-1740 vorgelegt. "Über 1.600 Eheverträge in diesem Band, inzwischen sind es insgesamt etwa 5.500, das bedeutet 5.500 Hochzeiten - und keine Spur von Romantik", so die Bearbeiterin. Es gehe um wirtschaftliche und materielle Belange, die "zeitlichen Güter", und in erster Linie um den Erhalt der Höfe und damit um die Einkünfte der Landesregierung und "natürlich auch der privaten Schatulle des Grafen".

    Bei der Vorstellung des Buches im Staatsarchiv berichtet Sturm-Heumann, dass die Ehen von den Eltern "arrangiert", die Mitgift ausgehandelt und deren Rahmenbedingungen beziehungsweise die Höhe von der Obrigkeit festgelegt wurden. Die Abfindungen wurden von der wirtschaftlichen Situation und der Anzahl der abzufindenden Kinder auf dem Hof abhängig gemacht. "Die Eheberedungen waren die Sozialversicherung in einer Zeit, in der es keine Alters- oder Pflegeheime und keine Arbeitslosenversicherung gab", erläutert Sturm-Heumann.

    Zwar seien die Protokolle in trockener Amtssprache verfasst worden, seien aber lebendige Geschichte.

    So würden sie von Feuerbrünsten, die ein Wohnhaus vernichteten, Söhnen, die den Hof verlassen und sich in Kriegsdienste begeben hatten oder auf See verschollen waren, Hofbesitzern, die der Trunksucht verfallen waren, einer ehrgeizigen Stiefmutter, die den Hof nicht übergeben, sondern lieber selbst noch Hofbesitzerin bleiben möchte oder schwangeren Bräuten erzählen, deren unwillige "Verführer" erst durch Verhaftung und Druck der Obrigkeit dazu gebracht werden, das Mädchen wieder zu "ehren", was nicht immer funktioniert habe. "Dann heißt es in dem Protokoll kurz und bündig: Aus dieser Heirat ist nichts geworden, der Kerl ist weggelaufen".

    Der 441 Seiten starke Band ist unter anderem von der Historischen Arbeitsgemeinschaft für Schaumburg und der Stiftung Sparkasse Schaumburg finanziert worden.

    Das Buch kostet 20,00 Euro, ist im Verlag Hahnsche Buchhandlung Hannover erschienen und hat die ISBN 978-3-7752-5922-4.

    Foto: hb/m

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