STADTHAGEN (jo). Kerzen gehören zur Weihnachtszeit wie das Amen in der Kirche. Das weiß auch Pastor Matthias Kodoll. Und weil das so ist, holte der Kirchenmann vor runden zehn Jahren eine nach Bienenwachs duftende Tradition aus Hannover nach Stadthagen. Jeden Tag treffen sich ehrenamtliche Mitarbeiter in den Räumen der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde und ziehen gemeinsam mit Schul- und Kindergartenkindern, Eltern und Großeltern, Männern und Frauen goldgelbe Tafelkerzen aus bauchnabelhohen Metalltöpfen. Etwa eineinhalb Stunden dauert es, bis der Docht, der in regelmäßigen Abständen in das Wachs getaucht wird, die Dicke einer ordentlichen Kerze angenommen hat. Der Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt. Bei Bedarf wird das sechzigprozentige Bienenwachs gedreht und gezwirbelt, platt gerollt oder mit filigranen Mustern versehen. Einige der fleißigen Kerzenzieher stellen bisweilen sogar recht ungewöhnliche Wachskreationen her. So war die bisher längste gezogene Kerze stolze 70 Zentimeter lang. "Diese Aktion ist einfach klasse", sagt Matthias Kodoll stolz, "Denn wir schaffen hier einen echten Knotenpunkt für Kommunikation, der ohne Zwang für eine lockere Stimmung sorgt." Doch Kommunikation ist nicht alles. Die Kirchengemeinde unterstützt mit ihrer Aktion "Licht im Dunkeln" gemeinnützige Projekte, wie beispielsweise die internationale Hilfsorganisation "Christ‘s Hope", welche sich um HIV-infizierte Menschen kümmert.
Knapp 700 Kilogramm Wachs und 2 500 Meter Docht wurden so in den vergangenen Jahren in der Gemeinde verbraucht. Abgerechnet werden die fertiggestellte Gebilde am Ende nach Gewicht. 100 Gramm kosten dann 2,40 Euro. "Für Schulklassen ist das eine relativ günstige Angelegenheit", meint Mitorganisatorin Judith Kneif, "Und es ist absolut erstaunlich, mit welcher Begeisterung und Sorgfalt die Schüler ihre eigenen Tafelkerzen ziehen." Wichtiger noch als das individuelle Erfolgserlebnis ist ihr jedoch das allgemeine Stärken der Gemeinschaft. Ein Gedanke der sich auszahlt: Die Vormittagstermine für Gruppen sind bereits restlos ausgebucht. Wer sich dennoch am Wachstopf versuchen möchte, der hat die Gelegenheit das kirchliche Gemeindehaus an der Teichstraße 12 noch bis Sonnabend, 19. November, ab 16 Uhr aufzusuchen. Bis um 20 Uhr stehen den Besuchern dann motivierte Helfer zur Seite, die in geselliger Atmosphäre kreative Tipps und Tricks verraten. Auch der neunjährige Pastorensohn Jannis freut sich schon jetzt auf den nächsten Nachmittagstermin: "Besonders gefällt mir hier, dass man sich seine Kerzen für Zuhause selbst herstellt. Aber vor allem natürlich, weil man hier immer wieder jede Menge guter Freunde trifft."Foto: jo