1. Wenn aus Kinderzimmern regelrechte Büros werden

    WIR diskutiert über Folgen der Schulzeitverkürzung

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    LANDKREIS (em). In ganz Niedersachsen wächst bei Eltern und Schülern, aber auch bei vielen Lehrkräften, der Unmut über die Schulzeitverkürzung. Laut einer "Infratest Dimap"-Umfrage plädiert eine deutliche Mehrheit von 73 Prozent der volljährigen Niedersachsen für ein Abitur, dass erst nach 13 Jahren abgelegt wird, berichtet WIR.

    "Das kommt nicht von alleine, sondern ist das Ergebnis einer verfehlten Bildungspolitik in Niedersachsen", sagte WIR-Kreisvorsitzender Richard Wilmers bei einer Versammlung von WIR im Stadthäger Bruchhof. Die Schulzeitverkürzung sei 1993 von den Finanzministern der Bundesländer angeregt worden, um die jungen Leute früher an den Rentenbeiträgen beteiligen zu können. Die eigentlich dafür zuständigen Kultusminister hätten diesen Unfug dann sehr unkritisch vollzogen, die Leidtragenden seien nun die vielen Schülerinnen und Schüler, heißt es von Seiten der Partei. "Leider fehle es der von der CDU/FDP-geführten Landesregierung der Mut, diese Fehlentscheidung zu korregieren", empörte sich Wilmers.

    Olaf Schrage, ein im Schaumburger Land bekannter Redner und Rezitator, trug den Brief "Liebe Marie…" vor, den der Journalist Henning Sußebach (Die Zeit) im Mai 2011 an seine Tochter Marie geschrieben hat. "Liebe Marie, erinnerst Du Dich noch an den Tag, an dem wir das letzte Mal im Kino waren? Aber Du sollst ruhig wissen, warum wir auf dem Weg ins Kino Matheaufgaben gelöst haben. Du sollst wissen, dass Du mehr bist, als die Summe Deiner Leistungen. Und Du sollst wissen, dass ich Dir das gestohlene Jahr zurückgeben möchte." Weiter schreibt Sußebach: "Es liegt nicht an Dir, dass ich so aufgebracht bin. Ich bin zornig, weil wir Eure Kinderzimmer zu Büros gemacht haben, Eure Schreibtische zu Werkbänken, Eure Köpfe zu Lagerhallen."

    Genug Zündstoff für eine sehr rege Diskussion. "Solch einen Brief könnte ich auch an meine Kinder schreiben", sagte Hülya Songün aus Lindhorst. "Wer ist für solch eine inhumane Bildungspolitik eigentlich verantwortlich und warum werden diese Politiker nicht abgestraft?", fragte eine erboste Mutter. Einig war sich die Diskussionsrunde in der Forderung, dass die Schulzeitverkürzung nicht für alle verordnet werden kann. Die Regelschulzeit müsse wieder bei 13 Jahren liegen. Ausnahmen davon sollten schulintern geregelt werden, beispielsweise durch Überspringen eines Schuljahres.

    "Mit dem "Volksbegehren für gute Schulen" wollen wir genau diesen Zustand herbeiführen", informierte Richard Wilmers über die laufende Unterschriftensammlung. Eine zweite wichtige Forderung sei, dass Gesamtschulen künftig auch kleiner als fünfzügig sein können. "Wir haben hier im Wahlkreis bereits 5660 Unterschriften gesammelt, das sind genau 6,64 Prozent der Wahlberechtigten. Damit liegt Schaumburg an achter Stelle der 87 niedersächsischen Wahlkreise", berichtete Wilmers. Unterschriften können noch bis Mitte Januar 2012 gesammelt werden.

    "Ich hoffe, dass wir hier in Schaumburg dann die geforderten zehn Prozent schaffen", erklärte Wilmers. Unterschriftenlisten für das Volksbegehren können bei Richard Wilmers (05721/4920) angefordert werden. Foto: privat

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