1. SPD fordert weniger Papierkram und mehr Zeit für Pflegebedürftige

    Sebastian Edathy startet "Sommerpraktikum" im "Sonnenhof" / Antrag im Bundestag geplant

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    OBERNKIRCHEN (jl). Der Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy (SPD) hat am Montag sein diesjähriges "Sommerpraktikum" im Seniorenzentrum "Haus Sonnenhof" begonnen. Zu Beginn der parlamentarischen Sommerpause verbringt der Politiker traditionell eine Woche in den Landkreisen Schaumburg und Nienburg, um jeden Tag mit den Beschäftigten einer Einrichtung ausführlich ins Gespräch zu kommen.

    Im Gegensatz zu anderen Besuchen stehe bei den Aufenthalten im Rahmen des "Sommerpraktikums" wesentlich mehr Zeit zur Verfügung, so der Nienburger. "Ich bin fünf Stunden hier, so dass ich mir einen vertieften Einblick in die Arbeitsbedingungen verschaffen kann." Den ganzen Vormittag arbeitete er in der Einrichtung mit, servierte das Mittagsessen und unterhielt sich mit den Bewohnern. Dabei hätten sich die Gespräche mit dem Personal und die persönlichen Eindrücke mit der Ansicht der SPD-Bundestagsfraktion gedeckt. "Im Bereich der Pflege besteht Handlungsbedarf", konstatierte Edathy. Nach der Sommerpause werde die SPD-Fraktion einen entsprechenden Antrag im Bundestag vorlegen. Darin fordere die Partei eine Erhöhung der Vergütung für Pflegekräfte und des stationären Pflegesatzes sowie einen Abbau der Bürokratie.

    Ziel sei ein Einkommen, so Edathy, von dem Pflegekräfte auch leben könnten und für das sie nicht über die Maße beansprucht würden. Denn wenn es öfters vorkomme, dass eine Pflegekraft mehrere Wochen am Stück ohne einen freien Tag arbeiten müsse, schrecke dies Berufseinsteiger ab. Die Arbeit einer Pflegekraft müsse aber hinreichend attraktiv gestaltet werden, so dass sich auch junge Menschen für diesen Berufsweg entschieden. Zudem bräuchten auch die stationären Einrichtungen mehr Geld.

    Die Dokumentationspflicht, die bis zu einem Viertel der Arbeitszeit einer Pflegekraft im "Sonnenhof" beanspruche, bezeichnete Edtahy als "eindeutig überbürokratisiert". Es sei nicht notwendig bis ins kleinste Detail einzutragen, wer wann wie viel Flüssigkeit verabreicht bekommen hat. "Das ist unsinnig." Schließlich komme der medizinische Dienst regelmäßig vorbei. Der werde doch sehr schnell feststellen, wenn der Zustand eines Bewohners nicht in Ordnung sei. Gerade bei den schwerstpflegebedürftigen Bewohnern sei die Zeit für Papierkram "fehlinvestiert", betonte der hiesige Politiker. Trotz fortgeschrittener Demenz würden die Betroffenen einfache Gespräche verfolgen und mitgestalten. "Da muss man reingehen", forderte der Bundestagsabgeordnete. Jede Stunde, die das Personal mehr Zeit hätte, sei mit Gesprächen und gemeinsamen Kochaktionen besser verbracht als mit der "vermeintlichen Aufzeichnungspflicht, deren Sinnhaftigkeit man doch in Frage stellen muss". Die Bilanz nach einem halben Tag im Sonnenhof: Generell, so Edathy, werfe die Arbeit die Frage auf, "was uns der Umgang mit Menschen im Alter wert ist". Fest stehe, dass die Umsetzung der Vorstellungen mehr Geld koste.

    Neben den Forderungen verwies der SPD-Politiker auch auf bereits Erreichtes zu Zeiten als die Große Koalition noch regierte. "Die ambulanten Pflegesätze haben wir bereits deutlich erhöht." Zudem habe man Alltagsbegleiter in die Pflegeheime eingeführt. Im "Sonnenhof" erfreuen sich eine Alltagsbegleiterin und ihr ausgebildeter anderthalbjährige Labradoodle "Elvis" noch immer großer Beliebtheit. Ein schöner Erfolg, wie Edathy herausstellte. Wenn dieser einer Gruppe aber nur für zwei Stunden zur Verfügung stehen könne, sei die Situation leider noch "nicht hinreichend verbessert" worden.

    Foto: jl

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