1. Über Urstromtal und Touristenattraktion

    180 Teilnehmer erleben den "Schaumburger Geschichtstag" auf der Festungsinsel Wilhelmstein im Steinhuder Meer

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    LANDKREIS (al). Noch immer steckt das Steinhuder Meer voller Rätsel. Das ist den rund 180 Teilnehmern des "Geschichtstags" der Schaumburger Landschaft deutlich geworden. "Auswanderer" brachten sie von Steinhude zur eintägigen Veranstaltung auf die Insel Wilhelmstein. Norddeutschlands größter Binnensee mag vielleicht gegrollt haben, dass ihm gerade dort Geheimnisse entlockt werden sollten: Das Meer war aufgewühlt, heftiger Wind rüttelte am großen Veranstaltungszelt und bei der Rückfahrt am Nachmittag schütteten Wolken Regenschauer auf die Besucher.

    Da lagen fünf Stunden voller interessanter Informationen hinter ihnen. Professor Hansjörg Küster, der nebenbei auch Präsident des Niedersächsischen Heimatbunds ist, zeigte neue Theorien zur Entstehung des Steinhuder Meeres auf. Als Teil eines von der Weser gebildeten Urstromtales könnte "es ein mächtiger Strudel gewesen sein, der hier ein Loch ausgehoben hat". Möglicherweise aber sei auch ein Mühlenstau bei Bad Rehburg die Ursache für ein Ansteigen des Wasserpegels. Küsters Fazit: "Es kommen viele Dinge zusammen, die zu diesem Meer führten." Fast mehr noch aber gilt für ihn "als Wunder", dass der Binnensee nicht verlande. Zwar reichte der See einst bis nach Rehburg; doch glaube er nicht an ein Austrocknen in den nächsten Jahrtausenden. Befragt zur Entdeckung der unterhalb des Wasserspiegels entdeckten Resten der Kranenburg am Ostufer, verwies Küster erneut auf den Rehburger Mühlenstau: Dadurch könne sich der Wasserstand erhöht und die Burg überflutet haben.

    Inselvogt Michael Zobel und der Wunstorfer Stadtarchivar und Meer-Experte Klaus Fesche machten mit dem Wandel des vor 250 Jahren entstandenen Wilhelmstein von einer Militärschule über ein Gefängnis bis hin zur heutigen Touristenattraktion vertraut. Zobel verglich die Besucherzahlen des 19. Jahrhunderts ("300 bis 400 pro Jahr") mit denen in heutiger Zeit: In jeder Saison entdecken bis zu 70.00 Gäste Kasematten mit Pulver- und Kugelkammer, Grafenraum und Verlies, Waffensammlung, Gemälden und dem Modell des "Steinhuder Hechts", das als erstes U-Boot erfolgreiche Tauchversuche absolviert haben soll, bevor sie vom Turm die reizvolle Aussicht genießen.

    Fesche schilderte den Wandel der Festung im 19. Jahrhundert und zitierte dabei aus den "Fremdenbüchern", in denen Besucher zum Teil recht kurios ihre Eindrücke über den "Steinhuder Ozean" und seine "Feeninsel" schilderten. Während noch im 18. Jahrhundert allenfalls einige wenige Prominente ihren Fuß auf den Wilhelmstein setzten, wurde spätestens um 1860 schon mit dem Kauf von Gartenmöbeln, dem Angebot von "Kaffee, Bier und Butterbrot", der Errichtung von Gartenanlagen und der Beschaffung von zehn zahmen Schwänen deutlich, dass die breite Öffentlichkeit Notiz von der Insel nahm.

    Schnell kam Streit über deren Beförderung auf: Steinhuder Fischer durften nur in Vertretung der "fürstlichen Matrosen" die Überfahrt besorgen. Für einen Kontrast zu den historischen Fakten sorgte Autor Bodo Dringenberg, der aus seinem Kriminalroman "Die Gruft im Wilhelmstein" zitierte.

    Da hörten die ersten Besucher nur noch mit halbem Ohr zu – oder verließen gar vorzeitig die Veranstaltung: Die konstruierten Geschehnisse um Liebe und Mord während der Bauphase und die angebliche Existenz eines Tunnels von der Insel zum Festland erschienen ihnen offenbar doch ein wenig suspekt. Insgesamt aber heimste sich die "Landschaft" für ihren zweiten "Geschichtstag" nach der Premiere vor sieben Jahren im "Lauenhäger Bauernhaus" viel Lob ein: Ein Kapitel Schaumburger Historie, populär verpackt, machte Appetit auf mehr. Damit hatten die Verantwortlichen wohl gerechnet: Die kürzlich von der "Landschaft" und der Fürstlichen Hofkammer gemeinsam aufgelegte Broschüre mit einer ausführlichen Darstellung über die Festung wurde gern mit nach Hause genommen. Foto: al

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