AUETAL (tt). Der Name zieht sich wie ein roter Faden durch die Gemeinde. In Rehren und Hattendorf zeugen Straßenschilder, Grabinschriften, Gedenktafeln und der Gedenkstein mit der Eiche vor dem Friedhof "Am Horn" an große Söhne der Gemeinde. Dr. Friedrich Oetker wurde 1809 und sein Bruder Karl 1822 in Rehren geboren. Die weit verzweigte Familie der Oetkers hat ihren Ursprung in Wiedensahl.
Ein weiterer Zweig der Familie führt über Obernkirchen zum weltweit bekannten August-Oetker-Konzern. Der Verein für Heimatpflege hat zur neuen Museumssaison jetzt im Auetaler Museum in Hattendorf eine Tafel erstellt, auf der anschaulich das Leben der berühmten Vorfahren dargestellt wird.
Verantwortlich für den Inhalt ist der Vorsitzende des Vereins für Heimatpflege, Jörg Landmann, der schon als Rektor der Grundschule den Werdegang der Oetkers recherchierte. Wie seine zahlreichen Geschwister verlebte Friedrich Oetker bis zur Konfirmation die damals einklassige Volksschule seines Geburtsortes und verlebte dann einige Jahre auf dem Hofe seines Onkels in Wiedensahl. Der dortige Lehrer unterrichtete ihn in Erdkunde, Geschichte und Französisch. Im Alter von 16 Jahren wurde ihm sein sehnlichster Wunsch erfüllt, das Gymnasium in Rinteln zu besuchen. Aufgrund seiner außerordentlichen Begabung und seines Fleißes saß er bereits nach zwei Jahren in der Untersekunda. Dort freundete er sich mit dem späteren Dichter des Weserliedes, Franz von Dingelstedt an. Nach dem Abitur, das er mit Auszeichnung bestand, studierte er in Marburg Jura, promovierte dort und war bereits nach wenigen Jahren Obergerichtsanwalt in Kassel. Unmittelbar nach Beginn der Märzrevolution 1848/49 gründete Oetker die Neue Hessische Zeitung, die kurze Zeit später zum führenden Blatt der Liberalen in Kurhessen wurde. Durch die Neuwahl der Abgeordneten der Städte aus dem Gebiet Schaumburg kam Oetker in die Ständeversammlung. In dieser stellte er im Dezember 1848 einen weit reichenden Antrag zur Demokratisierung der Landesverfassung.
In den Verfassungskämpfen um das Jahr 1848 wurde er der Anwalt der demokratischen Volksrechte. Als der Kurfürst die Vorschläge, das liberale Bürgertum an der Staatsverwaltung zu beteiligen, ablehnte, forderte Oetker die Republik. Sein mannhaftes Eintreten büßte er mit Kerker und Flucht.1859 kehrte er nach Kassel zurück. Oetker wurde Vertreter der Provinz Hessen im preußischen Landtag und später Abgeordneter des Reichstags. Im Zusammenhang mit dem Deutschen Krieg von 1866 hatte er in Verhandlungen mit Bismarck versucht, für die kurhessische Eigenständigkeit einzutreten, akzeptierte schließlich aber die preußische Annexion. Die Folge waren scharfe Angriffe gegen ihn. Er wurde Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses. Von 1867 bis 1870 vertrat er als Abgeordneter den Wahlkreis Kassel 1 (Rinteln - Hofgeismar - Wolfhagen) im Reichstag des Norddeutschen Bundes.
Wie sein Bruder Karl engagierte sich Friedrich für evangelische Organisationen. Unter anderem geht die Gründung des Diakonissenhauses in Kassel maßgeblich auf ihn zurück. Auch die Gründung der Stadtbibliothek in Kassel wurde von Oetker maßgeblich finanziert. Der Kirchenkapelle in Rehren spendete er ein Harmonium, dessen Aufsatz noch heute im Heimatmuseum ausgestellt ist. Dr. Friedrich Oetker starb am 17. Februar 1881 in Berlin und wurde als Ehrenbürger in Kassel begraben.
Dr. Karl Oetker, dessen Grabmal am Friedhofseingang in Hattendorf zu sehen ist, studierte nach dem Abschluss des Gymnasiums in Rinteln ab 1842 Rechtswissenschaften in Marburg. Wegen der bekannten liberalen Haltung seines Bruders Friedrich konnte er in Kurhessen nicht in den juristischen Vorbereitungsdienst eintreten. Er schlug daher die akademische Laufbahn ein, promovierte und habilitierte sich 1847 in Göttingen. Nachdem die Regierung im Herbst 1850 den Kriegszustand verhängt hatte, wurde die Druckerei, in der die von Friedrich Oetker redigierte Neue Hessische Zeitung gedruckt wurde, militärisch besetzt. Karl Oetker erwirkte ein Urteil, das den Abzug der Soldaten sowie das Verbot einer weiteren Behinderung der Zeitung zur Folge hatte. In der Folge erreichte er auch ein Urteil, das die Freilassung des vom Militär verhafteten Bruders zum Inhalt hatte. An der Neufassung des hessischen Landeskirchenrechts war Oetker als Mitglied der außerordentlichen Synoden von 1869/70 und 1884 beteiligt. Er war lange Zeit Vorsitzender der Anwaltskammer in Kassel. Nach dem Tod seines Bruders Friedrich kehrte Karl Oetker ins politische Leben zurück und übernahm 1881 dessen Wahlkreis im preußischen Abgeordnetenhaus in Rinteln. Dem Haus gehörte er bis zu seinem Tod an. In den Jahren 1884 und 1887 wurde er auch in den Reichstag gewählt. In beiden Parlamenten gehörte er der nationalliberalen Fraktion an.
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