LANDKREIS (em). Vor dem Hintergrund der Ereignisse in Japan erfährt das Thema der Nutzung und Weiterentwicklung Erneuerbarer Energien eine ganz besondere Aktualität. Was Eigeninitiative engagierter Bürger bewirken kann, erfuhr eine interessierte Gruppe von zehn Biogasanlagenbetreibern aus der BioenergieRegion Weserbergland plus während einer Exkursion nach Honigsee und Dörpum in Norddeutschland. Dort sammelten die Teilnehmer wichtige Erkenntnisse zum Thema Wertschöpfung durch Bürgerbeteiligungen an Wärmenutzungskonzepten für Biogasanlagen und Windparks.
Wie sinnvoll es sein kann, bestehende dörfliche Wohnbebauung an die Wärmeleitung einer Biogasanlage anzuschließen, zeigt das Beispiel des Bioenergiedorfes Honigsee, Kreis Plön in Schleswig-Holstein. Bürgermeister Alexander Nicolaisen und Anlagenbetreiber Stefan Hingst empfingen die Abordnung aus dem Weserbergland im Dorfgemeinschaftshaus, das mit Biogasanlagenwärme beheizt wird. Sie berichteten darüber, welche Anstrengungen notwendig waren, um ein finanzierbares Wärmenutzungskonzept auf den Weg zu bringen. Im Herbst 2006 wurde eine Wärmegenossenschaft gegründet, deren Mitglieder aus den anschlusswilligen Bürgern des Kernortes Honigsee besteht. Diese Genossenschaft tritt als Wärmeabnehmer gegenüber dem Biogasanlagen-Betreiber auf. Unter Nutzung des Eigenkapitals (1.500 Euro Einlage/Genosse) und zinsgünstiger Darlehn, unter anderem von der Gemeinde, wurde ein Wärmenetz von der Biogasanlage zur Wohnbebauung verlegt. Heute sind 83 Prozent der 200 Einwohner des Kernortes an dieses Wärmenetz angeschlossen. Der Biogasanlagen-Betreiber stellt die Wärme kostenfrei ab Wärmetauscher des 625 kW-Blockheizkraftwerkes (BHKW) zur Verfügung. Die durch die Investitionen in Leitungen und Technik des Wärmenetzes entstandenen Kosten legt die Genossenschaft auf die verbrauchte Wärme um. Diese wird für 0,038 Euro bis 0,042 Euro pro Kilowattstunde zur Verfügung gestellt. Technisch hat man sich für ein direktes Heizsystem entschieden. Deswegen brauchen die angeschlossenen Haushalte keine eigenen Heizquellen mehr. Sie werden komplett in einem Vor- und Rücklaufsystem ohne zusätzliche Wärmetauscher von der Biogasanlage versorgt. Als Redundanz dient ein 600 kW-Kessel, der wahlweise mit Biogas oder Heizöl betrieben werden kann. Am Nachmittag wurde die Biogasanlage in Dörpum, Nordfriesland, unter sachkundiger Führung des Betriebsleiters Rüdiger Schmidt vorgestellt. Dort wird organisatorisch und technisch ein anderes Konzept verfolgt, bei dem der Biogasanlagenbetreiber gleichzeitig der Investor für das Wärmenetz ist. Mit 4.500 Metern weist das Netz eine ähnliche Länge wie in Honigsee auf. In einer extra errichteten Halle stehen die Pumpen für die Wärmeleitungen und der Kessel für die Redundanz. Dieser kann wahlweise mit Biogas oder Heizöl befeuert werden. Als Basis für die Preisermittlung der veräußerten Wärme wird der vom Statistischen Bundesamt veröffentlichte Heizkostenindex herangezogen; hierauf erhalten die Abnehmer einen Abschlag von 20 Prozent. Die Beheizung der Dörpumer Haushalte erfolgt indirekt. Das bedeutet, der Heizwasserkreislauf der Anlage ist über Wärmetauscher mit den einzelnen Haushaltungen verbunden, die wiederum ihr hauseigenes Regelsystem unterhalten. An der letzten Station der Exkursion informierten sich die Weserbergländer über die Möglichkeit der Bürgerbeteiligung bei der Errichtung von Windparks. Hans-Heinrich Andresen aus Breklum, Nordfriesland, betreut seit vielen Jahren derartige Bürgerwindparks. "Bei dieser Art von Windparks dürfen nur Bürger aus der von den Vorrangflächen betroffenen Gemeinde Gesellschafter sein, um eine lokale Wertschöpfung zu gewährleisten", erläutert Andresen. Über Zeitplan, organisatorische Umsetzung und Beteiligungsverhältnisse von Bürgerwindparks wurde ebenso intensiv diskutiert wie über die Möglichkeit, den erzeugten Strom direkt zu vermarkten; auch außerhalb des EEG (Erneuerbare Energien Gesetz) oder gerade in Erwartung eines ab 2012 geänderten EEG. "Alle Teilnehmer sind dankbar für die Einblicke in ein komplexes Geflecht von Stromgesetz, Strombörse und Stromhandel. Auch aus dem Besuch des Energiedorfs Honigsee nehmen sie wertvolle Erkenntnisse mit ins Weserbergland", resümiert Folkart Müller, Projektmitarbeiter BioenergieRegion der Weserbergland Aktiengesellschaft. Foto: privat