1. Wenn Thomas Brasch auf Wilhelm Busch trifft

    Schauspielerin Anna Thalbach liest aus dem Werk ihres Stiefvaters / Im Gästebuch verewigt

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    WIEDENSAHL (em). Eine Lesung der Berlinerin Anna Thalbach im Wilhelm Busch Geburtshaus begeisterte das Publikum auf der ausverkauften Diele.

    Dabei stand nicht der Hausherr im Mittelpunkt der Ausführungen: Vielmehr bestritt die 37-Jährige den Großteil des Abends mit der Erzählung "Und über uns schließt sich ein Himmel aus Stahl" ihres Stiefvaters Thomas Brasch. Die steht in dessen Buch, welches in der DDR entstanden und nach der Ausbürgerung 1977 in der Bundesrepublik verlegten Prosaband "Vor den Vätern sterben die Söhne". Mit dem feierte die westdeutsche Feuilleton den damals 32-Jährigen als neuen Star. Dazu las die Tochter der nicht weniger berühmten Darstellerin Katharina Thalbach den Beginn von Braschs großem Comeback-Werk "Mädchenmörder Brunke", mit dem er eine rund zehnjährige Veröffentlichungspause mit einem Paukenschlag beendete. Doch auch Busch selbst kam zu Wort: In der lyrischen Warmspiel-Phase der wenig prätentiös in schwarzem Sweatshirt und mit Wollmütze agierenden gebürtigen Ost-Berlinerin stellte sie Braschs Gedichten "Haben Sie, Herr B." und "Für Anna, die in die Schule muss" den Beginn der "Lieder eines Lumpen" des Wiedensahlers gegenüber. Dann ging es mit variierender Sprechweise bis hin zu Ausflügen in sächsische und schwäbische Idiome, Gestik und Mimik mitten hinein in die Dreiecksgeschichte von Sophie, Robert und dem Ich-Erzähler. Ihrer Kritik am real existierenden Sozialismus, ihren Alkohol-Eskapaden und ihrer Flucht aus der eingemauerten Spreemetropole-Ost mit einem Motorrad hinaus aufs Land bis zum Ostseestrand. Ein Text der Dialoge – dieses Trios und mit den Personen, die ihnen begegnen oder sich ihnen in den Weg stellen. Zwei Gründe gibt es für Freundschaft: Mangel und Überfluss, formulierte Brasch. Zum Finale ein Gedenken an Wilhelm Buschs jung verstorbene Schwester Anna. In einem unbetitelten Gedicht in "Kritik des Herzens" setzt er ihr ein Denkmal. "Nun, da die Frühlingsblumen wieder blühen" beginnt es. Da hatten die Buschianer ihren Hausdichter wieder. Und Anna Thalbach, die findet sich nun im Gästebuch wieder, mit der Widmung, es sei schön gewesen "beim ollen Busch" mit der Unterschrift "Anna Thalbusch – nee - -bach". Foto: privat

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