POHLE (al). In der Pohler Hauptstraße wohnt seit wenigen Tagen eine Olympiasiegerin. Die drei Jahre alte Brieftaube aus der Zucht von Heinrich Freise siegte in einer Tierkonkurrenz aus 21 Nationen. Inzwischen ist das Weibchen in den heimischen Schag zurückgekehrt. Nur auf die Goldmedaille musste sein Besitzer noch eine Weile warten.
Eine Taube ist Olympiasiegerin: Friedrich-Wilhelm Korf (v. li.), Heinrich Freise und Karl-Heinz Dreßler.
Heinrich Freise ist eigentlich Preise und Auszeichnungen gewohnt. Seine Vögel bringen ihm bei Schönheitswettbewerben oder Langstreckenflüge regelmäßig gute Platzierungen ein. Dass aber ein jetzt drei Jahre altes Weibchen das Zeug für eine internationale Bewertung haben könne, war schon "eine kleine Sensation". Dieser Meinung ist auch der Lindhorster Preisrichter Karl-Heinz Dreßler, dem gemeinsam mit zwei weiteren Züchterkollegen die gefiederte Kandidatin schon vor einiger Zeit aufgefallen war. "Wenn eine, dann diese", regte Dreßler in Fachkreisen an, zumal die weiteren Grundvoraussetzungen wie eine bestimmte Anzahl absolvierter Reisekilometer erfüllt waren. Unmittelbar vor dem Start wurde in Isernhagen bei Hannover eine letzte Auswahl durch Vertreter des Bundesverbands und der Preisrichtervereinigung getroffen. Denn nur jeweils fünf männliche und weibliche Tiere waren aus den Teilnehmerstaaten zugelassen. Diese traten die Reise ins polnische Posen an. Dort erfüllten sich die Erwartungen in bisher nie gekanntem Maße. Das "Standard-Weibchen" stellte Freise; das beste Männchen stammt aus dem nordhessischen Korbach. Beide Tiere legten auch den Grundstock für den Nationensieg der deutschen Abordnung, gefolgt von der Slowakei und dem Gastgeberland. Der Pohler Züchter erlebte diese gleichsam historischen Momente nicht persönlich mit. In seiner kleinen Küche erreichte ihn der Anruf vom in Essen ansässigen Bundesverband über den persönlichen Erfolg. Natürlich herrschte große Freude beim hiesigen Zuchtverein "Kehre Wieder", dessen Vorsitzender Friedrich-Wilhelm Korf ebenfalls gratulierte. Das gebe dem Züchterwesen neuen Schwung, waren sich die Freunde einig, obwohl sie seit vielen Jahren über akute Personalnot klagen müssen. "Wir sind eine aussterbende Gruppe", wissen Korf und Freise auch von Nachbarvereinen und deren Sorgen. Beim Anblick seiner preisgekrönten Taube erinnerte sich der Pohler an einen Züchterkollegen, dem er indirekt den aktuellen Sieg verdankt. Heinrich Quotschalla aus Rehren A.O. habe ihm vor drei Jahren das Jungtier überlassen. Der Mann sei inzwischen verstorben: "Was hätte der sich gefreut", glaubt Freise. Der Vogel selbst hat nach seiner Prämierung einen entscheidenden Nachteil: Er unterliegt ab sofort einem Flugverbot, um nicht Beute von Sperber oder Habicht zu werden. Die Greife lauern nur darauf, in winterlich kargen Zeiten Jagd auf Tauben machen zu können. Dafür kommt dem Weibchen eine wichtige Funktion bei der Zucht zu. Vielleicht gibt es in einigen Jahren einen weiteren Olympioniken aus Pohle. Foto: al