1. Tradition auf der Kippe

    Beschwerden wegen Ruhestörung bedrohen traditionelles Erntefest

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    NIEDERNWÖHREN (nb). Die Zukunft des Erntefestes ist ungewiss, denn die Traditionsveranstaltung ist zu laut. Zumindest sehen und hören das einige Anwohner so. Nach Angaben von Bürgermeister Klaus Seehausen hätten sich in den zurückliegenden Jahren die Beschwerden wegen Lärmbelästigung gehäuft. In einer Bürgerversammlung hatten sich deshalb etwa 90 Einwohner des Ortes und der Samtgemeinde auf Einladung ihres Oberhauptes zusammengefunden, um über eine Lösung zu diskutieren. Findet sich keine, ist die Genehmigung des einzigen verbliebenen Zelt und Jugendfestes in Gefahr.

    Besonders im Blickpunkt stand die Jugenddisco und deren Bassbeschallung. Seehausen zitierte Passagen aus einem Beschwerdebrief, dessen nicht namentlich genannter Urheber insbesondere diese als Geräuschbelästigung und nächtliche Ruhestörung empfand. Begleiterscheinungen wie zitternde Fensterscheiben hätten ihm eine schlaflose Nacht bereitet, weshalb er Schmerzensgeld forderte.

    "Das war sehr ernüchternd für uns", so Seehausen. Die Gemeinde müsse Beschwerden ernst nehmen und sei sich ihrer Verantwortung bewusst. Seehausen räumte ein, dass der seit 2003 bezogene Platz hinter der Grundschule "nicht optimal" sei, hoffe jedoch "auf einen Kompromiss". Standortwechsel, Basslautsprecher anders ausrichten, oder gar die Jugendveranstaltung ganz aus dem mehrtägigen Festablauf herausnehmen: Die Vorschläge der Bürger waren vielfältig. Letzteres kam für die Mehrheit jedoch nicht in Frage. "Die Jugend hat das Recht zu feiern", so Dieter Nordmann dazu, und weiter "das muss man einfach mal akzeptieren".

    Klaus Seehausen leitet eine "faire und sachliche" Diskussion.

    Fachlich Rede und Antwort standen Klaus Möller und Wolfgang Wehlauch, als Experten seitens des Landkreises. Sie klärten über die "Freizeitlärmrichtlinie" auf. Diese sieht für Veranstaltungen bis 22 Uhr 70 dB(A) als Obergrenze vor, ab 22 Uhr 55 dB(A), beides einen Meter vor den Fenstern eines Anwohners gemessen.

    Allein die Unterhaltung im Saal reichte jedoch bereits aus, um den erlaubten Tageshöchstwert zu erreichen. Das Recht hat der Beschwerdeführer also klar auf seiner Seite, lediglich Akzeptanz und Toleranz können in einem solchen Fall Abhilfe schaffen. Wehlauch fand als Leiter des Ordnungsamtes deutliche Worte: "Wenn die Beschwerdeführer nicht zufriedengestellt werden, dann kippt die Sache." Zwar zeigten nicht alle für die Einstellung des Anwohners Verständnis. Ihrer Verärgerung machten die Betroffenen mit Empfehlungen wie "einfach das Fenster zu machen" oder "Dann gehöre ich nicht mehr dazu" Luft. Statt nach dem Prinzip "alle gegen einen" zu agieren, bemühten sich die Anwesenden sehr um Konstruktivität und Sachlichkeit.

    Neben dem Vorschlag, der betreffenden Person doch einfach für das Wochenende einen Hotelaufenthalt zu sponsern, setzt die Dorfgemeinschaft jetzt vor allem auf direkte Kommunikation, um die Situation zu klären. Auf das beliebte Erntefest mit seiner jahrzehntelangen Tradition möchte niemand verzichten müssen.

    Foto: nb

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