1. Das Tal der Tränen ist noch nicht durchschritten

    SPD: Bildung, Wirtschaft, Baugebiete / CDU: Ausgaben kontrollieren / Grüne: Konsolidierung nach Maß / WGS: Weg von "Event" und hin zu "Effektivität"

    Dieser Eintrag wird bereitgestellt durch Schaumburger Wochenblatt | Impressum

    RINTELN (ste). Die Haushaltsberatungen sind durch, die Reden gehalten, jetzt geht der Rat erst einmal in seine wohlverdiente Weihnachtspause. Paul E. Mense beendete so auch seine Haushaltsrede mit "Frohes Fest". Diese festliche Stimmung war ansonsten in der letzten Ratssitzung des Jahres nicht zu spüren. Man schenkte sich nichts und insbesondere die WGS sparte nicht mit Kritik am Haushalt und der Verwaltung. Die Haushaltsdebatte wurde eröffnet von Ursula Helmhold (Grüne), die dem rund 36 Millionen Euro schweren Gesamtpaket bescheinigte: "Ein Haushalt der Konsolidierung nach Maß!" Ihre Kritik: "Mit 61 Millionen Euro Gesamtschulden auf dem Buckel muss man sich auch einmal um die Tilgung kümmern!" In jedem Jahr gäbe es rund ein Prozent weniger Bürger in der Stadt, die die Schulden zurückzahlen könnten. Die Einsparungen an der Bauunterhaltung könnten die Stadt später wieder einholen. Ihre Hauptanliegen seien im Haushalt klar die Kinder und Bildung, Arbeit und Integration, Wirtschaft- und Tourismusförderung sowie der Klimaschutz. Einen glühenden Appell richtete sie an alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt: "Stärkt unseren kommunalen Stadtwerken den Rücken, die tun viel für den Klimaschutz!" Die haushaltswirksamen Entscheidungen anderer Tagesordnungspunkte wurden in der Beratung vorgezogen. So wird es künftig einen Zuschuss zur energetischen Sanierung beim Kauf von alten Häusern im Stadtgebiet geben, die Ratsmitglieder verordneten sich selbst niedrigere Aufwandsentschädigungen, es wird Mittel in Höhe von 50.000 Euro für Schulwegsicherung in Form von Bedarfsampeln oder anderen Einrichtungen geben und auch der Bürgermeister und sein Stellvertreter erhalten eine gekürzte Dienstaufwandsentschädigung. Die Hallennutzungsgebühren (SW berichtet an anderer Stelle ausführlich) bleiben eingeführt.

    Roter Teppich für die Wirtschaft

    Angebot zur Zusammenarbeit

    "...mehr Glück als Verstand"

    Zu seiner ersten Haushaltsrede als neugewählter Fraktionsvorsitzender trat Thorsten Kretzer an und - es sei vorweggenommen - den großen rhetorischen und politischen Schlag mit der angekündigten neuen Profilbildung und Abgrenzung zur SPD landete er nicht. Sein Kritik am Haushalt: "Es fehlt ein schlüssiges Sparkonzept!" Externe Wirtschaftsprüfer könnten da Hilfestellung geben, doch die seien zu teuer.

    Die geplante Abgabe der Dorfgemeinschaftshäuser in die Eigenverantwortung der Vereine sah Kretzer als "...an der Realität vorbei geplant" an, denn immer weniger Menschen engagierten sich ehrenamtlich. Trotz der Konsolidierungsbemühungen wollte er durch eine zielgerichtete Entwicklungspolitik der Wirtschaft den "roten Teppich" ausrollen. "Wir müssen sparen, sollten uns aber nicht kaputtsparen!"

    Klaus Wißmann (SPD) vernahm die Worte Kretzers und bot ihm eine konstruktive Zusammenarbeit an. Wißmann dankte Ulli Goebel als ehemaligem Fraktionsvorsitzenden für dessen Fairness und widmete sich dann dem Haushalt. Der beinhalte wichtige und richtige Investitionen und setze dennoch Zeichen für einen konsequenten Sparkurs.

    DGH wollte er in Vereinshände abgeben, Energie bei öffentlichen Gebäuden einsparen und keine 300.000 Euro für einen neuen Sportplatz in Deckbergen ausgeben, der nur eine geringe Auslastung verspreche. Ein Feuerwehr-Bedarfs- und Entwicklungsplan soll die Kosten für den Brandschutz senken helfen. Bildung, Krippenplätze, Wirtschafts- und Tourismusförderung sowie die Ausweisung eines attraktiven Baugebietes stehen auf seiner Agenda. Baulücken zu füllen sei nur eine sinnvolle Ergänzung dazu, so Wißmann, der von Günther Maack (CDU) Rückendeckung bekam: "Wir müssen attraktive Bauplätze im Norden Richtung Wald schaffen!"

    Eine Forderung, die auch Heinrich Sasse aufstellte: "Machen wir das nicht, verpassen wir die Chance, auf den demografischen Wandel zu reagieren!" Ansonsten hatte Sasse nicht viel gute Worte für seinen 20. Haushalt, über den er als Ratsherr mit entscheiden durfte: "Appelle und Absichtserklärungen; was kontinuierlich bleibt ist der ständig steigende Schuldenstand!" Sasses Versuch, die Ausweisung des Vorranggebietes Windkraft (nicht auf der Tagesordnung des Rates) in die Diskussion zu bringen, unterband Ratspräsident Dr. Dietmar Nolting ungewohnt scharf. "Ich lasse keine Wortmeldung zu diesem Thema zu!"

    Die eigentliche Haushaltsrede hielt allerdings Gert Armin Neuhäuser. Der Haushalt sei geprägt von "...mehr Glück als Verstand", so Neuhäuser, denn mit einer Gewerbesteuernachzahlung von rund vier Millionen Euro hätte niemand rechnen können. Wie das Geld in Rinteln ausgegeben wird, darüber schlugen zwei Herzen in seiner Brust: "JA sage ich zu Mitteln für Kinder und Bildung, NEIN zum Juristen als zweite Verwaltungsspitze!" Rinteln fehle es an einer schlüssigen Wirtschaftsförderung, Rinteln habe eine höhere Arbeitslosenquote als umliegende Vergleichsgemeinden und mit dem geplanten Ankauf des "Alten Hafens" als Froschteich könne er sich niemals anfreunden. Er forderte "Weg vom Event, hin zur Effektivität" bei der Ausgabe von Steuermitteln.

    Geschenke zur Kommunalwahl?

    Sehr deutlich in seiner Kritik wurde auch Paul-E. Mense (FDP). Die Stadt sei immer noch pleite und lebe auf Pump kommender Generationen. "Die Wahl 2011 wird zeigen, ob die angestrebten Konsolidierungsmaßnahmen weiter so durchgezogen werden, oder ob es Wahlgeschenke für alle möglichen Lobbyisten gibt!"

    Am Ende gab es dennoch eine starke Mehrheit von 30 Stimmen für den Haushalt, nur die WGS stimmte gegen das Werk und Eckhard Hülm (SPD) enthielt sich der Stimme. Dem Ortsbürgermeister aus Deckbergen hatte man zuvor die neue Sportanlage aus dem Haushalt gestrichen und sich einstimmig für eine Sanierung der sanitären Anlagen in Deckbergen ausgesprochen. Foto: ste

  2. Kommentare

    Bitte melden Sie sich an