RINTELN (km). Eine gemeinsame Initiative der Rintelner Polizei und des Präventionsrates für mehr Zivilcourage sorgte jetzt für Aufsehen in der Innenstadt, bei Aldi im Industriegebiet Süd und bei Marktkauf an der Konrad-Adenauer-Straße. Bei mehreren gestellten Szenen mit Menschen in scheinbarer Not wollten die Beamten testen, wie sich Passanten im Ernstfall verhalten.
"Was geht es mich an, was kann ich schon tun oder gibt es da nicht andere, die für so etwas zuständig sind? Es sind in der Regel immer die gleichen Fragen und Einwände, mit denen sich Gaffer oder Weggucker rechtfertigen, die untätig Zeugen von Straftaten werden." Diese und einige andere "faule" Argumente konnten zahlreiche Passanten in einem Flyer nachlesen, der an den Orten des Geschehens verteilt wurde.
Gleichgültigkeit, Bequemlichkeit und ein - allenfalls von Sensationsgier unterbrochenes - Desinteresse am Schicksal des Nächsten seien heutzutage häufig anzutreffen. Und klar sei auch, dass diese Phänomene ein Klima begünstigten, in dem es Straftätern leicht falle, weitgehend unbehelligt zu agieren. Auf der anderen Seite fühlten sich viele auch betroffen und seien bereit, zu helfen, wenn andere belästigt, beraubt oder bedroht werden. Dennoch bleibe die Hilfe oft aus: Einmal, weil es am Wissen fehle, ob und wie geholfen werden könne. Und zum Zweiten, weil viele das Risiko fürchteten, ihr eigenes Engagement könnte für sie selbst gefährlich werden.
Und die Angst ist oft nicht unbegründet, vor allem bei blindem Aktionismus.
So steht in den sechs Regeln für den Ernstfall, auf die Rintelns Polizei-Chef Wilfried Korte besonders nachdrücklich hinwies, an erster Stelle der Satz "ich helfe, ohne mich selbst in Gefahr zu bringen". Besonnenheit sei im Ernstfall oberstes Gebot: "Niemand erwartet, dass Sie Ihre eigene Gesundheit aufs Spiel setzen und den Helden spielen." Zeugen sollten vielmehr zügig "andere aktiv und direkt zur Mithilfe auffordern", genau beobachten und sich die Merkmale des Täters einprägen, Hilfe unter Notruf 110 organisieren, sich schließlich um das Opfer kümmern und sich als Zeuge zur Verfügung stellen.
Nicht zuletzt, heißt es in dem Faltblatt, "sind wir alle schon von Gesetzes wegen verpflichtet, bei einer Straftat im Rahmen unserer Möglichkeiten einzugreifen."
In Rinteln konnten Polizei und Präventionsrat nach dem Experiment ein durchaus positives Fazit ziehen: Bei allen drei gestellten Überfällen, bei denen sich drei Jugendliche (darunter auch ein Mädchen) auf Marco Baschin stürzten, griffen Passanten ein, um dem vermeintlichen Opfer beizustehen.
Einige seien allerdings auch einfach weiter gegangen - aber im Endeffekt konnten sich Wilfried Korte und seine Kollegen doch über ein erfreuliches Maß an Zivilcourage unter den Passanten freuen. Foto: km