OBERNKIRCHEN (jl). Der Förderverein Stiftskirche hat sich auf seiner jüngsten Mitgliederversammlung über "Möglichkeiten und Chancen geöffneter Kirchen" informiert.
"Die Kirche als Gastgeberin" lautete der Leitsatz des Diakons Jürgen Lojowski (Hildesheim) vom Amt für Kirchliche Dienste. Als einen "wirklich schönen" Impuls bezeichnete er die gute Kooperation von Kirche und Tourismus. Früher sei es noch so gewesen, dass Menschen in Kirchen traten, wenn sie baugeschichtlich-historisch interessiert waren. Heute seien es Urlauber, die eine Kirche aus freien Stücken angucken, "weil sie dort etwas für ihre Seele und ihr eigenes Dasein suchen". Touristen wie auch Pilger und Wanderer würden aber nicht sonntags zum Gottesdienst kommen, sondern hätten ihren eigenen Zeitplan.
Hier kommt das Signet für verlässlich geöffnete Kirchen ins Spiel, gefördert durch die Landeskirche Hannover. Eine Signetkirche hat mindestens halbjährlich an mindestens fünf Tagen in der Woche je vier Stunden geöffnet. Wie Lojowski berichtete, gibt es inzwischen weit mehr als 250 solcher Signetkirchen in der hannoverschen Landeskirche, Tendenz steigend. "Hier im Umkreis sind es aber wenig", warfen Vereinsmitglieder ein. Genau deswegen sei er ja hier, konterte der Diakon und warnte aber auch gleichzeitig vor Übermut bei der Umsetzung des Konzeptes. "Da ist viel gut gemeint, aber gut gemeint ist nicht unbedingt immer gut."
Im Zuge dessen zitierte er den evangelischen Theologen Wolfgang Vorländer, der seine Thesen unter das Motto "Offen allein genügt nicht" stellt. Während in einigen Kirchen nichts über die Gemeinde und deren Glaube deutlich werde, würden andere wiederum ihre Kirche mit "einer Mischung aus Flohmarkt und Antiquariat" überfrachten oder den Besuchern gar eine Art Geschichtsunterricht anbieten.
Vielmehr sollte die Kirche Besucher begrüßen. "Das geschieht freundlich, offen und vor allem auch ein bisschen distanziert", sagte Lojowski. Ein Gast sollte wirklich ankommen und sich niederlassen, erst dann werde das Innere des Menschen berührt. Es gehe um die Dimension von Sinnfindung oder -erweiterung: angefangen beim Auge, was man zuerst in der Kirche betrachtet bis zur Nase, welche Düfte die Kirche vermittelt.
Als weitere Kriterien führte Lojowski unter anderem eine übersichtliche und geordnete Auslage, ein Gästebuch, ein WC-Hinweisschild und Info-Broschüren an. Ganz wichtig seien Ansprechpartner und im besten Fall auch ausgebildete Kirchenführer. Die Menschen sind es, "die den Kirchenraum beseelen und ihn mit Leben füllen". Wenn sich eine Gemeinde mit ihrem Kirchengebäude öffnet, plädierte Lojowski, wird sie um viele geistliche und menschliche Erfahrungen reicher.
Mitglieder des Fördervereins sahen aber auch Schwierigkeiten für eine verlässlich geöffnete Stiftskirche. "Wir haben hier Kunstschätze und brauchen Ehrenamtliche, die zur Verfügung stehen, wenn die Kirche geöffnet ist", hieß es. Ihre Kirche habe bereits ein halbes Jahr lang jeden Freitagvormittag und Sonnabendnachmittag geöffnet, was aber nicht für eine Signetverleihung ausreiche. "Es ist schade, dass das so eingeschränkt ist."
Lojowskis Vorgänger, Pastor i.R. Hans-Joachim Lange (Hannover/Rinteln), verwies darauf, dass es formal noch so sei. Aber: "Das lässt sich auch saisonal und nach den Bedürfnissen der Kirchengemeinde verändern." Vielmehr stehe im Vordergrund, wirklich die Rolle der Gastgeberin zu übernehmen.
Zudem sollte man sich vergegenwärtigen, dass der überwiegende Teil der 250 Signetkirchen ohne jegliche Aufsicht geöffnet ist. Aufgrund von Sorgen aus dem Publikum versicherte Lange, dass aus seiner Erfahrung von 1987 bis 2008 kleine und auch unangenehme Dinge immer wieder passiert seien, aber keine Diebstähle größerer Art. Foto: jl