RINTELN (ste). Wenn ein Großunternehmen wie e.on Westfalen Weser in Rinteln zu seiner Herbstpressekonferenz lädt und perfekte Medieninformationen mit tollen, bunten Grafiken und leicht verständlicher Werbung für das Unternehmen präsentiert, dann ist das eigentlich nichts Besonderes; Marketing eben. Der Knaller in den Informationen kam allerdings erst am Schluss des offiziellen Teils, versteckt zwischen Schnittchen und Sprudelwasser im Hotel "Zollhaus": "Wir sind in der Gründungphase der Hamelner Stadtwerke", so Vorstandsvorsitzender Henning Probst zusammen mit seinem Vorstandskollegen Michael Heidkamp. Was alle Anwesenden anfangs für einen verspäteten Aprilscherz hielten als Reaktion auf die Gründung der "Mindener Stadtwerke GmbH" durch Susanne Treptow als Geschäftsführerin der Stadtwerke Hameln, ist jedoch Realität unter Wettbewerbern am Markt. "Das Leben muss auch ein wenig Spaß machen", schmunzelte Probst, dem man deutlich den Nadelstich anmerkte, den ihm Treptow mit dem Eindringen in das heilige e.on-Land Minden versetzte. Probst und Heidkamp haben sich die Domain für die "Hamelner Stadtwerke GmbH" gesichert und sind in den Vorbereitungen für deren Gründung. Ebenso hatte es Susanne Treptow von den "Stadtwerken Hameln" zuvor in Minden gemacht.
Sie will dort binnen eines halben Jahres ein Konkurrenzunternehmen zu den "Stadtwerken Minden" (seit Jahren in e.on-Hand) installieren, dass - ebenso wie e.on - Strom und Gas verkauft. Während Treptow in Minden auf "regionale Stärke" als ihren Trumpf setzt, will e.on Westfalen Weser in Hameln mit seinem neuen Konkurrenzunternehmen "Hamelner Stadtwerke" mit dem Know-How und der Kraft eines Großunternehmens gegen die "Stadtwerke Hameln" punkten. "Natürlich", so Probst, "wollen wir dazu auch die Stadt Hameln mit ins Boot nehmen."
Der offene Schlagabtausch auf dem Versorgungssektor zeigt, dass es landauf landab Rekommunalisierungsversuche gibt, und dem versuchen die Großunternehmen gegenzusteuern. "e.on Westfalen Weser hat in den Konzessionsverhandlungen für die Netze bislang keine Verluste hinnehmen müssen", heißt es jedoch aus dem Vorstand, der auch bei kommenden Verhandlungen über Netzkonzessionen keine Angst vor der Konkurrenz hat: "Strukturschwache Gebiete - wie beispielsweise das Wesertal - profitieren preislich von den strukturstarken Bereichen entlang der Autobahnen." Nur so könne man in der Mischkalkulation die von den Durchflussmengen abhängigen Preise niedrig halten, so Probst. Doch die nächsten Jahre werden spannend, denn viele Verträge mit den Netzbetreibern laufen aus und werden neu verhandelt. Existenzängste habe er jedoch nicht: "Wir sind konkurrenzfähig und gut!"
E.on, so der Vorstandsvorsitzende, habe mit einer durchschnittlichen Jahresausfallzeit für Strom von 7 Minuten pro Haushalt einen Wert erreicht, der deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 20 Minuten liege: "Und darauf ruhen wir uns nicht aus!" 60 Ingenieure, 120 Meister und eine hohe Quote an Auszubildenden sichern zusammen mit einer starken Mannschaft die Qualität des Netzes, das auch weiterhin innovativ und intelligent ausgebaut werden soll.
In Rinteln gibt es zwar eine Konkurrenz der Stadtwerke als Netzbetreiber für Mittel- und Niederspannung (Kernstadt und Steinbergen) zu e.on Westfalen Weser, allerdings sind die Stadtwerke in Rintelns Dörfern nur zuständig für die Niederspannungsnetze und e.on WW für die Mittelspannung: "Außerdem liefert e.on Vertrieb uns weiterhin Strom und Gas", so Stadtwerkechef Jürgen Peterson. Über die Stadtwerke Weserbergland, bei denen Rinteln zusammen mit Hameln, Hess. Oldendorf, Bad Münder, Salzhemmendorf, Bodenwerder, Emmerthal, Aerzen, Coppenbrügge und dem Auetal Gesellschafter ist, bestehe auch eine Konkurrenzsituation im Vertrieb. Mit der Gründung der "Stadtwerke Minden" habe Rinteln jedoch nichts zu tun, betonte Peterson, der zwar auf die Kräfte des freien Marktes setzt, nicht jedoch auf Konfrontation. Foto: ste