1. "Schaumburg muss Identität bewahren"

    Ministerpräsident David McAllister spricht sich gegen eine von oben verordnete Gebietsreform aus

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    BAD NENNDORF (pd). Es war sein erster offizieller Besuch in der Kurstadt Bad Nenndorf und im Landkreis Schaumburg überhaupt. Und zweifellos hat der niedersächsische Ministerpräsident David McAllister bei seinem Debüt einen bleibenden Eindruck bei den begeisterten Zuhörern in der Wandelhalle hinterlassen. Denn der Chef der Landesregierung hat nicht nur ausführlich zu Schaumburger Themen ausführlich Stellung genommen, sondern mit seiner ihm eigenen Lockerheit für beste Stimmung im Saal gesorgt. Das Publikum bedankte sich dafür mit anhaltendem Applaus. In einer Kernaussage ging er mit dem CDU-Landratskanidaten Klaus-Dieter Drewes klar konform: Er sprach sich klar gegen eine von oben verordnete Gebietsreform aus. Unter den Klängen des Niedersachsenliedes ging der Ministerpräsident in Begleitung von Drewes durch den Saal und schüttelte viele Hände, bevor er die Bühne betrat. Bevor der CDU-Landeschef seine gut eine Stunde dauernde Rede hielt, stellte der Schaumburger CDU-Spitzenkandidat Drewes seine Ziele vor und gab mit Blick auf McAllister auch gleich eine Art "Wunschliste" vor. Darin wünschte sich Drewes klare Aussagen unter anderem zur möglichen Unterstützung durch das Land für das Stadthäger Unternehmen "Faurecia" und zu der Forderung, in Bezug auf die Einrichtung weiterer Integrierter Gesamtschulen (IGS) in Rinteln und Lindhorst auf die Fünfzügigkeit zu verzichten.

    Der Ministerpräsident ging in einem letzten Teil seiner Rede auf diese Themen ein, nutzte vorher aber das Rednerpult, um ordentlich gegen die schlechte Kommunikation in der Regierungskoalition in Berlin zu wettern. Eine Spitze sorgte für Gelächter im Saal: "Meine Berater haben mir geraten, dass nicht mehr zu behaupten, aber hier mache ich eine Ausnahme: Das Beste an Berlin-Mitte ist der ICE nach Hannover!" Er werde sich an den "Berliner Schreiereien" nicht beteiligen, machte der Ministerpräsident deutlich.

    Bei seiner Betrachtung der Landespolitik stellte er zum Wechsel von seinem Vorgänger Christian Wulff zu ihm fest "Die Marke ist geblieben, nur das Modell ist neu". Der Abbau von Schulden sei die vorrangigste Aufgabe des Landes in der Zukunft. Es könne aber nicht sein, dass in einigen Jahren per Gesetz dem Land die Aufnahme von Krediten verboten werde, gleichzeitig aber der Bund in Bezug auf Steuern die wichtigsten Einnahmequellen eines Landes kappe. "Das ist die Quadratur des Kreises, das klappt nicht". Er hob weiterhin die besondere Bedeutung von VW hervor und sieht Handlungsbedarf in Bezug auf die Attraktivitätssteigerung des Messestandortes Hannover.

    Zum Thema IGS holte McAllister weit aus. Im Flächenland Niedersachsen gebe es Landkreise, in denen diese Schulform überhaupt nicht vertreten sei und solche wie Schaumburg, die gleich über mehrere verfüge. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung mit einem Rückgang an Schülern um im Mittel 25 Prozent in den nächsten zehn Jahren müsse eine Landesregierung sehr genau agieren. Die IGS sieht der Landeschef als "ergänzendes Angebot". Es müsse endlich wieder "Schulfrieden" herrschen und ein Weg dahin sieht McAllister in dem erst vor wenigen Tagen vorgestellten Modell der "Oberschulen", die bereits mit dem Schuljahr 2011/2012 auf den Weg gebracht werden sollen.

    Die Frage, wie die Zukunft der IGSsen im Land aussieht, beantwortete er mit der Feststellung "Die bereits bestehenden bleiben unangetastet!" Bei der Entscheidung, ob auf die Fünfzügigkeit verzichtet werden könne, wollte sich der Ehrengast nicht festlegen. "Da gibt es unterschiedliche Auffassungen. Man muss sehen, ob in einigen wenigen regionalen Bereichen eine Abweichung von der Vorgabe möglich ist".

    Die Probleme bei "Faurecia" in Stadthagen seien ihm bekannt, erklärte McAllister. Beim Kampf um den Erhalt von 200 bis 300 gefährdeten Arbeitsplätze sagte der Ministerpräsident seine Unterstützung zu. In der Staatskanzlei habe es bereits Gespräche mit Geschäftsleitung und Betriebsrat gegeben. Außerdem habe er die Konzernspitze in Frankreich eingeladen, im Zuge der nächsten Hannover-Messe gemeinsam mit ihm das Werk in Stadthagen zu besuchen. Er sei "vorsichtig optimistisch", was die Zukunft von "Faurecia" angeht.

    McAllister, in Bad Bederkesa im Landkreis Cuxhaven wohnhaft, zeigte Verständnis für die Ablehnung einer aufgezwungenen Gebietsreform. "Da sind in einigen Landkreisen, die unter Zwang vereint wurden, die Wunden bis heute nicht verheilt", meinte der Ministerpräsident mit Blick auf seine Heimat, die ursprünglich zum Landkreis Wesermünde gehörte. Auch wenn die finanzielle Lage des Landkreises von ihm als "besorgniserregend" eingestuft wird, sieht er gute Chancen, Schaumburg zu erhalten. Und zwar unter anderem mit interkommunaler Zusammenarbeit und einer effizienten Kreisverwaltung.Foto:pd

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