1. Wie aus Sparen ganz schnell Kürzen wird

    Zukunft von Gemeinden ist ungewiss / Auswirkungen des Sparpakets

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    STADTHAGEN/LANDKREIS (jl). "Von der Sozialhilfe zur Elendsverwaltung?" Mit dieser provokatorischen Frage hat Steffen Holz, Regionssekretär der DGB-Region Niedersachsen-Mitte, die kommunalpolitische Informationsveranstaltung zur finanziellen Situation der Kommunen nach dem sogenannten Sparpaket der Bundesregierung eröffnet. Zu dem Vortragsabend hatten die Arbeiterwohlfahrt (AWO) Kreisverband Schaumburg, der Sozialverband Deutschland Ortsverband Stadthagen und die DGB Region Niedersachsen-Mitte eingeladen. "Wir wollen hier aber keine reine Schwarzmalerei betreiben, sondern der Frage nachgehen, was gegen den Marsch in die Elendsverwaltung unternommen werden kann und mit welchen Mitteln wir dies erreichen können", sagte Holz. Der Sparkurs habe lediglich eine Politik verschärft, die seit mindestens zwei Jahrzehnten" erfolglos war und die Probleme nur stets verschlimmert hat". Der Vizepräsident des Niedersächsischen Städtetages Ulrich Mädge plädierte für den "Rettungsschirm für Städte, Gemeinden und Landkreise". In der ver.di-Unterschriftenaktion appellieren Vertreter niedersächsischer Kommunen und Gewerkschaften an die Landesregierung, die Handlungskraft und Gestaltungsfähigkeit der Kommunen wiederherzustellen und auszubauen. Es dürfte keine neuen Gesetze geben, mit denen Kommunen teure Aufgaben ohne Gegenfinanzierung übertragen werden. Die Abschaffung der Gewerbesteuer werde strikt abgelehnt. Für die Gewerbesteuer setzte sich auch Edda Schliepack ein. "Die Gewerbesteuer ist unverzichtbar. Wir können den Kommunen doch nicht die Beine wegziehen", sagte die 2. Vorsitzende des SoVD-Landesverbandes Niedersachsen. Bereits jeder siebte in Deutschland sei armutsgefährdet. Als geradezu "zynisch" bezeichnete sie die Streichungen beim Elterngeld für Hartz-IV-Empfänger. Alleinerziehende Mütter beispielsweise müssten doch jetzt schon jeden Euro umdrehen. Dabei gehe es für Schliepack nicht um das nackte Überleben: "Hilfsbedürftigen steht das Grundrecht auf eine menschenwürdige Existenz zu." Dazu gehöre auch das Recht auf Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Funktionieren könne dies nur mit einer intakten Infrastruktur wie beispielsweise mit guten Anbindungen der öffentlichen Verkehrsmittel. Deren Erhaltung sei, so die Vizevorsitzende des niedersächsischen SoVD weiter, die Pflicht der kommunalen Oberhäupter - den Blick auf Stadthagens Bürgermeister Bernd Hellmann gerichtet. Der SoVD mache sich dafür stark, dass die von der Bunderegierung verfolgten Maßnahmen nicht greifen und halte diese darüber hinaus für unverantwortlich. Dass Taten bekanntlich mehr als Worte zählen, weiß auch der SoVD. In ganz Niedersachsen, so Schliepack, werden gleichzeitig Demonstrationen vor den Wahlkreisbüros stattfindenden, denn "so, meine lieben Freunde, geht es nicht". Auf die zu erhaltene Infrastruktur in Stadthagen kam Bürgermeister Hellmann zu sprechen. Hier drehe sich wieder alles um die Bürger, bemerkte er, denn: "Geld von oben kommt in dem Maße nicht mehr." Vernünftige Straßen und Bildungseinrichtungen müssten aber trotzdem gebaut werden. Da der Zuschuss vom Land nicht ausreiche, bleibe wieder nur die Finanzierung über Steuern oder entsprechende Gebühren. Förderungen wie etwa für das Mehrgenerationenhaus und das Familienzentrum laufen in naher Zukunft aus. "Mit noch weniger Geld, müssen wir die gleiche Leistung erbringen", kritisierte Hellmann. Er fühle sich "über den Tisch gezogen". Trotz alledem möchte er dank eines funktionierenden Netzwerks und einem guten Miteinander Zuversicht verbreiten. Man stecke die Köpfe (noch) nicht in den Sand. Er sagte aber auch ganz klar, dass nicht alle weiteren Kürzungen aufgefangen werden können: "Die Grenzen sind jetzt erreicht." Stellungnahmen gab es fast keine, denn der einstimmige Tenor der Gäste lautete: "Es ist alles gesagt worden." Der Meinung war auch Ernst Kastning, Vorsitzender des AWO-Kreisverbandes. Er bedankte sich bei den Rednern dafür, dass diese "die Probleme wirklich beim Namen genannt haben". Und in einem Punkt waren sich alle Redner mehr als einig. Den Begriff "Sparpaket" verbannten sie aus ihrem Wortschatz, stattdessen sprachen sie von einem Kürzungspaket für die Schwächsten. Foto: jl

    "Städte und Gemeinden ohne Zukunft?": Ulrich Mädge, Vizepräsident des Niedersächsischen Städtetages (re.,) und Stadthagens Bürgermeister Bernd Hellmann beziehen Stellung.

    Ernst Kastning dankt, dass die Redner "die Probleme wirklich beim Namen genannt haben".

    "Hilfsbedürftigen steht das Grundrecht auf eine menschenwürdige Existenz zu." Bei Edda Schliepack stehen die Menschen im Vordergrund.

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