STADTHAGEN (nb). Gleich zwei Referenten haben den Mitgliedern des SPD-Stadtverbandes auf der Hauptversammlung im Gasthaus Bruns ihre Einschätzungen zu aktuellen politischen Lage geliefert. Sebastian Edathy berichtete über die Entwicklungen des Gesundheitssystem und wagte einige Zukunftsprognosen. Den Kurs der schwarz-gelben Koalition kritisierte er dabei offen.
"Das Problem der Regierung ist, dass sie keinen Kompass haben", so Edathy. Das Programm sei eine Verabschiedung aus der Solidargesellschaft, die Verantwortlichen betrieben Klientelpolitik. Der Entwurf für den Haushalt schone Starke und belaste Schwache und bestehe aus Kürzungen im Sozialbereich, wobei er insbesondere auf die Beitragsproblematik der gesetzlichen Krankenkassen einging. Neben Problemen der gesetzlichen Pflegeversicherungen prognostizierte der Bundestagsabgeordnete eine allgemeine Anhebung des Beitragssatzes um 0,6 Prozent zum Jahresbeginn, was einer Belastung der Versicherten von 30 Euro entspreche. Landratskandidat Jörg Farr bezog sich in seinem Vortrag vorrangig auf die politischen Probleme der Kreisebene.
Er ging auf die Wirtschaftsförderung ein und betonte die Wichtigkeit von "Bestandspflege" im Bezug auf die bereits bestehenden Arbeitgeber. Mittelstand und Handwerk seien in Schaumburg die größten Arbeitgeber, die es im Investitionsbereich zu fördern gilt. Wichtig sei die Zahl der neu geschaffenen und erhaltenen Arbeitsplätze. Gegenüber einer möglichen Kreisreform äußerte sich Farr kritisch und bezog sich dabei auf das "Hesse-Gutachten", das für 19 Kreise Stabilisierungsbedarf angibt. Unter Berücksichtigung der Struktur des Landkreises Schaumburg komme für ihn keine der möglichen Kreis- und Regionsreformen in Frage. "Schaumburg würde nie zu den Profitierenden gehören." Es würde sich in einem neuen Gebilde verlieren, was deutliche Einbußen in der Lebensqualität der Bewohner zur Folge hätte. Darüber hinaus müsste das von der Landesregierung gestellten Aufgabenspektrum zu bewältigen sein. Karsten Becker berichtete seitens der Ratsfraktion über Erfolge und Aufgaben. Mit den bisher ergriffenen Maßnahmen im Bereich Hochwasserschutz gab er sich zufrieden.
In Sachen Integration verwies er auf den Umbau zweier Grundschulen zur Ganztagsgrundschule mit dementsprechend erweiterten Betreuungsmöglichkeiten. Becker betonte die Bedeutung der Bildung für den Integrationsprozess und kam dabei auf die vieldiskutierten Thesen Thilo Sarrazins zu sprechen. Der habe keinen Beitrag geleistet. "Er legt bewusst eine falsche Fährte." Und weiter: "Das ist schon bösartig." Für die geplante Abschaffung der Gewerbesteuer hatte Becker klare Worte übrig: "Wenn wir die abschaffen, werden wir wesentliche Einbrüche in den kommunalen Finanzen haben." Die angeboten Ausgleichsmöglchkeiten bezeichnete er als "völlig untauglich". Zum Abschluss verabschiedeten die SPD-Mitglieder im Hinblick auf die Massenentlassung bei Faurecia einen Initiativantrag an die SPD-Landtagsfraktion.
Demnach solle künftig darauf geachtet werden, an die Vergabe von Forschungsgeldern die Bedingung der Arbeitsplatzsicherung zu knüpfen. Auch innerhalb des Stadtverbandes gab es eine Neuerung: Oliver Gaedtke wurde zum Kassierer gewählt und übernimmt damit die Nachfolge von Andreas Riehl, der sein Amt zur Verfügung gestellt hatte.Foto: nb
Zeit für Gespräche mit Landratskandidat Jörg Farr (mi.): Vorsitzender Bernd Biederstaedt (li.) und der neu gewählte Kassierer Oliver Gaedtke.Sebastian Edathy erklärt, wie es in Deutschland mit der Gesundheit aussieht.