NIENSTÄDT (mk). Die Veranstaltung der Nienstädter SPD zum Thema Afghanistan kam zu einem klaren Ergebnis: Der Militäreinsatz in Afghanistan ist gescheitert. Notwendig ist ein Umsteuern in ausschließlich zivile Hilfen.
Alfred Reckmann, ehemaliger Landtagsabgeordneter, ging zunächst auf die derzeitige Situation in Afghanistan ein: Zunehmend sind mehr Opfer zu beklagen, Soldaten wie Zivilisten. Die Zivilbevölkerung lehnt die NATO-Truppen, auch die Bundeswehr, immer stärker ab. 90 Prozent der Opium-Weltproduktion kommt aus Afghanistan und dient unter anderem der Taliban-Finanzierung.
Amerikanische Diplomaten in Afghanistan stellten bereits fest: "Der Kreis der Vertrauten von Präsident Hamid Karsai besteht aus Drogenbossen und Kriegsverbrechern." Deutschland kostet der "Kriegs"-Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan pro Jahr 1,059 Milliarden Euro, wobei das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung von real drei Milliarden Euro spricht. Weltweit wurden für den Militäreinsatz 85 Milliarden US-Dollar, für den zivilen Aufbau aber nur sieben Milliarden aufgebracht. Reckmann wies in seinen Ausführungen auf die Kritik des Wehrbeauftragten an der zum Teil mangelhaften Ausbildung und Ausrüstung sowie der unzureichenden Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) der Soldaten hin. Katja Keul, MdB, Bündnis 90/Die Grünen, machte deutlich, dass der Einsatz in Afghanistan gescheitert ist und ein Fehler gewesen sei.
Ein legitimer Grund wäre gewesen, die Menschenrechte dort durchzusetzen, dies ist aber nicht gelungen. Militäreinsätze könnten als letztes Mittel nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, dann jedoch mit klaren und eindeutigen Zielen. Aufgrund der schlechten Sicherheitslage könnten selbst die Mittel für den zivilen Aufbau derzeit nicht abgerufen werden. Tillmann Schmalzried von der Gesellschaft für bedrohte Völker wies auf die Vielzahl von Menschenrechtsverletzungen in Afghanistan hin und nannte konkrete Beispiele.
Durch die Kooperation der NATO-Truppen mit den Warlords/Milizen werde dieser Zustand zementiert. Notwendig wäre die Entwaffnung der afghanischen Milizen und die Sicherstellung der Einhaltung von Menschenrechten.
Oberst Albert Dittmar sagte, es sei nicht alles schlecht, was der Westen dort tue. 100 000 afghanische Sicherheitskräfte seien mittlerweise ausgebildet, die inzwischen für 80 Prozent der Sicherheitsmaßnahmen verantwortlich seien. Kinder gingen zur Schule, mehr Frauen als früher seien berufstätig. Anzustreben sei der weitere Aufbau von Strukturen zur inneren Sicherheit, was zurzeit bereits vorangebracht wird. Die Entwaffnung der Milizen ist laut Dittmar jedoch nicht möglich. Eine Kooperation mit den Warlords derzeit unumgänglich. Deutlichen Widerspruch erntete Dittmar, als er eine Unterscheidung zwischen Muslimen und Angehörigen anderer Religionen in der Beurteilung des Rechtes zu leben konstruierte. Landesbischof Karl-Hinrich Manzke stellte klar, dass es sicherlich radikale Muslime gebe, jedoch auch viele liberale, was Dittmar anschließend auch als seine Meinung darstellte.
Manzke sprach von einem ursprünglich berechtigen Einsatz des Militärs in Afghanistan. Ziele seien zu erkennen gewesen, doch hätten sich diese größtenteils als naiv erwiesen. Der militärische Einsatz müsse nun neu bewertet werden. Seiner persönlichen Meinung nach ist der Abzug der Truppen aus Afghanistan angebracht. Die Mittel müßten für den zivilen Aufbau zur Verfügung gestellt werden.