1. Alle Kinder gleichwertig fördern und unterstützen

    Arbeitstagung zum Thema Bildungsgerechtigkeit / Prof. Dr. Uta Meier-Gräwe

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    LANDKREIS (jl). Über das Thema "Was heißt Bildungsgerechtigkeit für alle Kinder?" haben sich dieser Tage zahlreiche Leiterinnen von Kindertageseinrichtungen, Grund- und Förderschulen informiert. Im Rahmen der Leiterinnen-Arbeitstagung hat die Fachberatung für Kindertageseinrichtungen die Frauenforscherin, Familiensoziologin und Haushaltswissenschaftlerin Prof. Dr. Uta Meier-Gräwe als Referentin eingeladen.

    "Was heißt Bildungsgerechtigkeit für alle Kinder?": Die Leiterinnen-Arbeitstagung stößt bei den Zuhörerinnen auf großes Interesse.

    Diese habe vor Jahren mit großer Sorge gesehen, dass Kinder aus einem nicht bildungsbürgerlichen Haushalt keineswegs eine gleichgroße öffentliche Aufmerksamkeit und Förderung erhalten. In die Bildung der künftigen Erwerbsbevölkerung zu investieren, sei eine essentielle Zukunftsfrage. Als "völlig daneben" bezeichnete Meier-Gräwe die Haltung der Kommunalpolitiker, die sagen, man könne doch "unseren Kinder" keine Schulden machen. "In dem Bereich kann man keine Schulden machen", kommentiert die Professorin. Investitionen lohnen sich, denn was am Ende herauskomme sei beeindruckend. In Gang gekommen sei zwar einiges in den letzten Jahren, aber dennoch sei es aus der Perspektive der Zukunftssicherung der Gesellschaft mehr als fahrlässig, wenn zwischen 20 und 30 Prozent der nachwachsenden Generation bildungsarm bleiben. "Eigentlich müssten alle Bürgermeister heute hier sitzen", kritisierte Meier-Gräwe, denn die Verteilung der Gelder sei eine viel zu wichtige Frage, als dass die Bürgermeister sagen, "finde ich gut, finde ich nicht gut".

    Der Erfolg in Kindertageseinrichtungen hänge davon ab, wie der Einsatz gelinge, die Kinder gegenüber ihrem Umfeld zu öffnen und sie in soziale Kontakte kommen zu lassen. "Dafür müssen wir arbeitsfähige Kooperationsvereinbarungen treffen", sagte die Rednerin. Netzwerke zu knüpfen sei wichtig, deren Pflege aber noch viel wichtiger und erfordere Zeit, Personal und Professionalität.

    Laut einer von Meier-Gräwe präsentierten Statistik habe die Einkommensungleichheit und Armut seit dem Jahr 2000 rapide zugenommen und noch viel schlimmer: "Der Trend ist bisher überhaupt nicht gestoppt". Besonders armutsgefährdete Kinder stammen aus alleinerziehenden Haushalten mit nur einem Kind. Grund, so die Forscherin, sei die teils schwierige Vereinbarung von Familie und Beruf. Sie selbst habe die "unglaubliche" Erfahrung gemacht, dass ihr ein Mitarbeiter einer Betreuungseinrichtung für Kinder, deren alleinerziehende Mütter wieder arbeiten, sagte: "Die Betreuung der Kindern ist mir egal, Hauptsache die Frauen können arbeiten". Demnach sei der Fortbildungsbedarf noch sehr hoch, um nicht nur die Bemühungen zu würdigen, sondern auch zu realisieren.

    Die Familiensoziologin bemerkte, dass einer großen Zahl von Eltern, die keinen Zugang zum Erwerbsmarkt haben, die Zahl von Eltern gegenüber steht, die den ganzen Tag arbeiten und deren Gelder trotzdem unter dem soziokulturellen Existenzminium liegen. Ebenfalls zu Polarisierungstendenzen komme es zwischen privilegierten und benachteiligten Familien bzw. sogar Stadtteilen. Nach dem Motto "nicht jeder bleibt auf seiner Insel" schade es Kindern aus privilegierten Haushalten nicht in Kontakt mit Kindern zu kommen, die andere Milieus repräsentieren, versicherte Meier-Gräwe. Über sie zu reden ohne die Probleme Benachteiligter zu kennen, sei aber oft der Fall. Wünschenswert wäre eine Interaktion quer durch alle Generationen und nicht nur, dass sich Kinder unterschiedlicher Milieus besser kennenlernen. Foto: jl

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