OBERNKIRCHEN (jl). "Wann kommt der Fürst?". Gerade einmal fünf vertretbare Minuten Verspätung hatten der Fürst und sein Tross, da wurden die wartenden Kinder schon ungeduldig. Das Zirkus-Projekt des Kneippvereins "Der Spaß vor dem Ernst" sorgte da nur vorübergehend für Ablenkung. So groß war die Aufregung. Und dann kamen die Hohen Herren in Begleitung von Bürgermeister Oliver Schäfer und bahnten sich ihren Weg durch die jubelnden Zuschauer, entlang der Formation der rund 50 positionierten Bürgerschützen. Ein majestätischer Empfang für einen Fürsten, der zum vierten Mal Gericht hielt und ein offenes Ohr für die – teils ernsten, teils auch spaßigen – Beunruhigungen seiner "Untertanen" hatte.
Das Publikum bejubelt die Ankunft der Hohen Herren in Begleitung von Bürgermeister Oliver Schäfer auf dem Kirchplatz.
Ein heftiger Schauer lässt Ferzenbroich zum neuzeitlichen Regenschirm greifen, damit Fürst Ernst auch weiterhin im Trockenen sitzt.
"Der Spaß vor dem Ernst" versüßt die Zeit bis zur Ankunft des Fürsten: Das Zirkus-Projekt des KneippVereins begeistert Jung und Alt.
BUZ OBDGJL80c: Hauptmann Zerssenheim lässt die Werberinnen singen, um junge Männer in die Leibgarde zu locken. Den Fürsten amüsiert es prächtig.
BUZ OBDGJL80d: Haushofmeister Ferzenbroich gibt die letzten Anweisungen an die "Untertanen", wie sie seine Durchlaucht richtig begrüßen.
Die Obernkirchener Kaufmannschaft kritisierte die von der Stadt ausgeteilten "kleinen Zettel" bei nicht ganz ordnungsgemäßen abgestellten "heutigen Kutschen" und forderte außerdem, die Fußgängerzone wieder einseitig befahren zu dürfen. Wieso die Kaufmannschaft so einen "weiten Umweg" geht, habe das Landesoberhaupt nicht verstehen können, die Lösung sei doch ganz einfach: "Setzt euch zusammen und einigt euch. Wenn das nicht klappt, dann müsst ihr euch wohl einen neuen Bürgermeister suchen oder der Bürgermeister sich eine neue Kaufmannschaft".
Auf eine von Pastor Meinberg gewünschte Förderung für die Sanierung der Stiftskirche St. Marien – etwa für die Säuberung und neue Bemalung der Deckengewölbe - konnte der Landesvater nicht eingehen, denn er sei völlig mittellos hier angekommen. "Eigentlich sind wir eher auf eure Unterstützung angewiesen", kommentierte er. Aber einen Tipp habe er dann noch in petto. Der Pastor solle doch ein paar mehr Schäflein einfangen, denen er in die Tasche greifen könne.
Einen weisen Rat von der Adelsfigur wollte sich Bürgermeister Schäfer einholen, der über den fehlenden Nachwuchs in den Ortswehren und Vereinen klagte. Ein Lächeln umspielte den Mund des Fürsten, für den dieser Rat mal verhältnismäßig einfach sei. "Wenn ihr euch beschwert zu wenige Kinder zu haben, dann macht welche! Das macht Freude, hilft weiter und ihr habt keine Sorgen mehr", konterte er. Damit war das "Problem" für ihn gelöst und die nächste Petition wurde vorgetragen.
Das fürstliche Podium betraten Frau Schneider und ihr Wildenterich "Donald". Sie liege im Clinch mit ihrem Nachbarn Fritz, dem es behage, dass seine chinesischen Laufenten Spaß mit dem besagten Erpel haben. Auch wenn die Angelegenheit den Fürsten amüsierte, so wusste er dennoch eine Lösung, die sogar der Obernkirchener Nachwuchssorge Abhilfe verschafft. "Wer zuerst kommt, macht zuerst kleine Enten", sprach der Adelsherr. Alle Obernkirchener bat er zum besagten Hof mitzugehen und zu zuschauen wie Donald kleine Enten macht. "Dann habt ihr Anschauungsmaterial für eure Vermehrung", verkündete er.
Äbtissin Susanne Wöbbeking machte seine Durchlaucht in einer weiteren Petition auf die enormen finanziellen Anstrengungen, das Stift Obernkirchen zu erhalten, aufmerksam. Den Fehler sah Fürst Ernst im zu geringen Obolus: "Ihr habt große Sorgen mit einem kleinen Obolus, mit einem großen Obolus hättet ihr kleine Probleme." Er versprach das Ansinnen weiterzugeben, denn schließlich "wissen wir auch wie es ist, Gebäude zu unterhalten".
In der sechsten und letzten Petition beklagte Thomas Stübke den durch Obernkirchen rollenden Schwerlastverkehr, den die Reaktivierung der Rinteln-Stadthagener Eisenbahn verringern würde. Der Einladung, im Fürstenabteil des Zugs nach Bad Eilsen weiter zu reisen, lehnte seine Durchlaucht kategorisch ab. Die Kutsche sei ihm, trotz unbequemer Sitze, lieber. Er habe nichts gegen die Bahn, aber "wir müssen alles Neue nicht gleich schön finden".
Zum Abschluss teilten die tanzenden "Petticoats" mit viel nacktem Bein die Gemüter. Während Magister Notholden die Darbietung als "schamlos" empfand, erheiterte sie den Fürsten. Und trotzdem war seine Gnaden danach etwas irritiert. Er könne vieles verstehen, "aber nicht wie es bei so einem Anblick in Obernkirchen an Kindern mangeln kann". Foto: jl