1. Trauerzug trifft auf bunt

    Schaumburger Bürger begegnen Aufmarsch der Rechten resolut / Links versucht den Durchbruch

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    BAD NENNDORF (nb). Am Wochenende hat in der beschaulichen Kurstadt der Ausnahmezustand geherrscht. Sämtliche Ortszufahrten wurden ab 10 Uhr abgesperrt, lediglich Pressevertreter und Anwohner durften die Polizeikontrollen noch passieren. Ohne Ausweis kein Einlass. Ursache dieser nahezu hermetischen Abriegelung war erneut der jährliche "Trauermarsch" der politischen Rechten. An die 1000 Rechtsextreme aus dem gesamten Bundesgebiet, unter ihnen etwa 200 Autonome Nationalisten, hatten sich per Zug und Bus auf den Weg gemacht, um, aus ihrer Sicht, der "Opfer" der Alliierten am Ende des zweiten Weltkrieges zu gedenken. Ziel ihres Aufmarsches: Das Wincklerbad, dass den Besatzungsmächten 1945 als Verhörzentrale von Nationalsozialisten gedient hatte. Am Bahnhof angekommen sammelten sich die Veranstaltungsteilnehmer unter polizeilicher Überwachung bis zum offiziellen Start des Aufmarsches auf dem Vorplatz. Der kam schließlich mit drei Stunden Verspätung in Gang, die von den rechten Vertretern nicht unkommentiert hingenommen wurde. Dass zwei angemeldeten Rednern aufgrund von Vorstrafen noch die generelle Redeerlaubnis entzogen wurde, trug nicht zur Verbesserung der ohnehin latent aggressiven Grundstimmung bei. Denn die Rechten hatten sich nach eigener Aussage bereits im Vorfeld durch das Verhalten einiger Journalisten provoziert gefühlt, weshalb man die mediale Öffentlichkeit von der Veranstaltung fernzuhalten versuchte. Marsch-Organisator Markus Winter ließ es sich jedoch nicht nehmen, seine "Kameraden" auf ein angemessenes und ordentliches Verhalten hinzuweisen. Einige Jourmalisten bekamen den Unmut dennoch am eigenen Leib zu spüren. Auf ihrer Marschroute über die Bahnhofsstraße stellten sich den "Trauernden" etliche Hindernisse in den Weg, etwa in Form einer Betonpyramide, an der sich, ähnlich wie im vergangenen Jahr, Anhänger der linken Gegenbewegung festgekettet hatten. Ihnen war es mit einem Trick a la "Trojanisches Pferd" gelungen, die Polizeiabsperrung zu durchbrechen und ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen. Einen ersten Durchbruchsversuch hatte es bereits am Morgen gegeben, als auf Höhe des Thermalbades linke Demonstranten versuchten, sich durch die Absperrungen zu drängen. Dabei wurden einige Polizisten leicht verletzt, eine Person wegen Widerstandes festgenommen. Auch die Nenndorfer Bürger ließen den Tross nicht stillschweigend passieren und machten von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch. Kleine Gruppen hatten sich in den Vorgärten postiert und kommentierten die von Geschichtsverdrehung und Alliierter Besatzung kündenden Spruchbänder entsprechend. Versuche, mit den Vorbeiziehenden ernsthaft ins Gespräch zu kommen, schlugen jedoch fehl. Wer nicht vor seinem Haus Stellung bezogen hatte, zeigte zumindest mit "Bad Nenndorf ist bunt"-Beflaggung seinen Standpunkt. Eine weitere Gruppe begegnete auf der Terrasse des Parkhotels "Deutsches Haus" dem "Trauerzug" gar ganz hintenrum: Mit dem Rücken zum Geschehen gewandt, setzen sie darauf, alles einfach lautstark und fröhlich zu übersingen. Die Polizeikette entlang der Strecke verhinderte Eskalationen. Linksextreme und Bürger, die nicht ins Absperrgebiet eingelassen wurden, begnügten sich mit Protest von der anderen Seite der Absperrung. Während der Zwischenkundgebung vor dem Wincklerbad machten sie sich mithilfe von Sirenen und Megafon lautstark bemerkbar. Den neonazistischen Vorträgen der Redner tat dies jedoch keinen Abbruch. Lediglich ein Sprecher war gezwungen, seine Ausführungen vorzeitig abzubrechen, da ihm verfassungsfeindliche Äußerungen vorgeworfen wurden. Er soll die Waffen-SS verherrlicht haben. Erneut wurde das Einschreiten der Polizei während der Abschlusskundgebung am Bahnhof erforderlich, als die Versammlungsteilnehmer "strafrechtlich relevantes Liedgut" anstimmten. Insgesamt waren rund 2000 Ordnungshüter im Einsatz, die für einen weitgehend reibungslosen Ablauf sorgten. Für die Einwohner in jedem Fall ein Tag , der ihnen auf ganzer Linie Unannehmlichkeiten bereitet hat und ihnen in vielerlei Hinsicht in negativer Erinnerung bleiben wird. Mehr auf www.schaumburg-hautnah.de.

    Foto: nb

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