STADTHAGEN (bb). Bei einer Veranstaltung des Kinderhilfswerkes "International Children Help" hat der Direktor des Kriminologischen Forschungsinstitutes Niedersachsen Christian Pfeiffer im Stadthäger Ratskeller einen Vortrag über das Thema "Kindesmissbrauch" gehalten. Rund 150 Gäste hörten die Ausführungen Pfeiffers, der als wichtige Elemente zur Prävention die Stärkung der Kinder durch liebevolle Erziehung und die Sensibilisierung von Öffentlichkeit und Institutionen hervorhob.
Christian Pfeiffer schilderte zu Beginn seines Vortrages die schwerwiegenden Folgen von Missbrauchserfahrungen in Kindheit und Jugend. Studien belegten statistisch eindeutig, dass das traumatische Geschehen deutliche Spuren im Leben der Betroffenen hinterlasse. Ein schwächeres Selbstbewusstsein, schlechtere Leistungen in der Schule, psychosomatische Beschwerden und Probleme in Partnerschaften seien nur einige der Folgen, unter denen die Opfer leiden.
Die Täter stammten in einer großen Anzahl der Fälle aus dem sozialen Umfeld der Familie (rund 45 Prozent), Menschen denen die Familie vertraut etwa aus dem Bereich Sport oder Jugendgruppen. In etwa 27 Prozent der Fälle komme der Täter aus dem engeren familiären Umfeld, etwa der Onkel, der Opa oder der Stiefvater.
Anders als in der Öffentlichkeit wahrgenommen gehe die Zahl der Missbrauchsfälle zurück. Dies sei statistisch nachgewiesen, trotz einer höheren Anzeige-Bereitschaft sinke die Zahl der registrierten Fälle. Eine entscheidende Präventionsmaßnahme sei die liebevolle Erziehung und Stärkung der Kinder. Täter würden bevorzugt Mädchen und Jungen aussuchen, denen es an elterlicher Liebe mangele. Sie würden das gesteigerte Bedürfnis solcher Kinder nach Aufmerksamkeit und Zuneigung ausnutzen. Diese hätten so ein höheres Risiko zu Missbrauchsopfern zu werden. Im Umkehrschluss: "Starke Kinder werden seltener missbraucht."
Vielfältige Faktoren würden zu einem langfristigen Rückgang von innerfamiliärer Gewalt und Missbrauch führen. So hätten etwa höhere Scheidungsraten durchaus auch positive Effekte. Früher habe ein höherer gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Druck bestanden, Ehe und Familie unter allen Umständen zusammenzuhalten. Dies habe in zerrütteten Beziehungen zum Teil zu Gewalt geführt, zum Teil sei trotz Gewalttätigkeit die Ehe ertragen worden. Heute falle häufiger der Entschluss zur Scheidung, damit verbunden sei ein Rückgang innerfamiliärer Gewalt. In dieselbe Richtung würden auch die Abschaffung des gesetzlichen Züchtigungsrechtes der Eltern gehen, sowie die zunehmende Verurteilung des Schlagens von Kinder in der öffentliche Diskussion. Hinzu komme das Recht zur Verweisung von Gewalttätern aus der Wohnung. Insgesamt gelte es festzuhalten, "der Friede in den Familien nimmt zu". Die Sensibilisierung von Schule, Erziehern, Polizei und Kinderärzten erhöhe das Risiko für die Täter erwischt zu werden. Wichtig seien spezielle Programme zur Behandlung von potentiellen Tätern. "Die Forschung zeigt, Täter lassen sich erreichen", so Pfeiffer. Pädophilie lasse sich zwar nicht heilen, Menschen mit dieser Neigung könnten aber für die grauenhaften Folgen sensibilisiert werden und sich so von Kindern fernhalten.
Vor dem Vortrag von Pfeiffer berichtete Thorsten Nowak vom Niedersächsischen Innenministerium über das Projekt "Wite IT", das die Verbreitung von Kinderpornographie im Internet bekämpft. Andreas Fischer, Leiter der Landesmedienanstalt, klärte über die Möglichkeiten seiner Behörde auf, in diesem Feld tätig zu werden.Foto: bb