1. "Ich würde es jederzeit wieder tun"

    Stammzellenspende / Sarah Wietbrauk rettet das Leben einer Leukämiepatientin

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    OBERNKIRCHEN (em). Sie ist 26 Jahre alt und mag Menschen. Deshalb nennt Sarah Wietbrauk die Treffen mit Freunden an erster Stelle, wenn man sie nach ihren Hobbys fragt. Jetzt hat die junge Frau, die zuvor noch nie bei der Blutspende war, ein Leben gerettet. Im Hamelner Krankenhaus an der Weser wurden ihr Stammzellen entnommen, damit eine Leukämiepatientin ihre zweite Chance bekommt. Wer Blutkrebs hat, war früher zu einem langsamen und schmerzvollen Tod verurteilt. Dabei breiten sich funktionsuntüchtige Vorstufen der weißen Blutkörperchen so rasant im Knochenmark aus, dass eine normale Blutbildung unmöglich ist. Leber, Milz und andere Organe werden infiltriert, die Sauerstoffversorgung bricht zusammen. Bei chronischer Leukämie dauert das Leiden Jahre, bei der akuten Variante überlebt der Betroffene nur wenige Monate. Ein Schicksal, dem auch der Freund einer Kollegin von Sarah Wietbrauk ausgeliefert war. Er hatte schon längere Zeit vergeblich nach der Stecknadel im Heuhaufen gesucht, nach dem genetischen Zwilling, dessen Stammzellen sein Blut reinigen und die Funktion des Knochenmarks wieder herstellen können. Der Hilferuf der Kollegin kam per Email in die Hauptverwaltung der BKK24. Bei der Krankenkasse hat Sarah Wietbrauk bis 2007 ihre Ausbildung gemacht und kümmert sich dort um Mutterschafts- und Kinderkrankengeld für die Versicherten. "Ihr könnt Leben retten, wenn ihr euch typisieren lasst", stand über dem Link, der zu den Internetseiten der DKMS führte, der Deutschen Knochenmarksspenderdatei. Gerade weil der erste Schritt so einfach ist, hat die Sozialversicherungsfachangestellte das Registrierungsset noch am selben Tag angefordert. Zwei Wangenabstriche mit Wattestäbchen reichten dem Labor, um die Gewebemerkmale zu bestimmen. Der Anruf kam schnell, schneller als Sarah Wietbrauk erwartet hatte. "Wir haben eine Übereinstimmung", hieß es. Seinen genetischen Zwilling zu finden ist wie die Arbeit an einem Puzzle aus vielen 10.000 Teilen. Schnelle Erfolge sind so selten, wie ein Lottogewinn. Manche warten Jahre, andere für immer vergeblich. "Ein flaues Gefühl hatte ich schon", gibt die 26-jährige unumwunden zu. Doch trotz ihrer Angst vor Spritzen kam ein Rückzieher nicht mehr in Frage. Die Blutentnahme beim Hausarzt hatte bestätigt, dass die Experten der Spenderdatei sich nicht geirrt hatten. Einige Wochen später lag Wietbrauk im Hamelner Krankenhaus an der Weser, einer der wenigen Kliniken, die Stammzellen entnehmen können. "Auch mit dem Typisieren geht man keine Verpflichtung ein", sagt sie. "Niemand übt Druck aus, man kann sich jederzeit anders entscheiden. Sie blieb dabei. Ein paar Spritzen an den Tagen zuvor, mit der Hilfe einer Freundin, damit sich mehr Stammzellen bilden. Etwas Gliederschmerzen und dann vier Stunden im Krankenhaus. Angeschlossen an eine Maschine, die das Blut aus einer Vene entnimmt, die gesunden Stammzellen herauswäscht und es über eine Kanüle im anderen Arm wieder zurück in den Körper pumpt. Und nebenan lag die andere Frau, die weiterleben möchte. Sarahs genetischer Zwilling, deren Namen sie wegen der deutschen Gesetze frühestens in zwei Jahren erfährt, wenn beide es wollen. "Ich weiß auch erst in zwei Monaten, ob alles reibungslos geklappt hat oder eine zweite Transplantation nötig ist." Wietbrauk ist inzwischen zur "Botschafterin" für die gute Sache geworden. Ebenso wie Kollegen von der BKK24 haben sich einige von ihnen ebenfalls registrieren lassen. Vielleicht erhalten sie auch bald eine Urkunde für Lebensretter, wie die, die Wietbrauk von ihrem Chef überreicht wurde. "Ich bin stolz darauf, dass unsere Mitarbeiter nicht nur im Job für andere Menschen da sind", lobt BKK24-Vorstand Friedrich Schütte. Auch er hat seit der Aktion seiner Kasse vor einigen Jahren den Organspenderausweis in der Tasche. Doch nicht nur der unbekannten Patientin geht es inzwischen besser. Auch der Freund der Kollegin hat seinen Spender gefunden.

    Jetzt warten beide darauf, dass die 24 Monate Anonymität vorbei sind. Er will wissen, wem er sein Leben verdankt. Und sie ist neugierig, ob die Leukämiepatientin wieder ganz gesund wird. Ob sie Kinder hat, eine Familie, die jetzt nicht mehr in Angst leben muss. Über zwei Millionen registrierte Spender gibt es in Deutschland. Es sind immer noch zu wenig. Doch wer wie Wietbrauk und ihre Freunde helfen will, kann sich auf www.dkms.de nicht nur informieren, sondern auch registrieren. "Ich würde es jederzeit wieder tun", sagt die junge Frau.

    Blumen und Urkunde vom Chef für eine Hilfeleistung, die ein Menschenleben retten kann: Stammzellenspenderin Sarah Wietbrauk mit BKK24 Vorstand Friedrich Schütte.

    Foto: p

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