STADTHAGEN (nb). Für 8600 Quadratmeter innenstädtische Verkaufsfläche gibt es 27 Interessenten. "Hilfe zur Selbsthilfe" sollen Besitzer von Innenstadtimmobilien in Form von Stefan Pötzsch, Geschäftsführer der Firma Market Research and Consultants (MRC) aus Hamburg, erhalten. Pötzsch wurde von der Stadt als Flächen- und Immobilienmanager auf Zeit eingestellt, um das Angebot der Innenstadt zu fördern und sie "mittelfristig" auf die demografische Entwicklung vorzubereiten. Auf dem ersten städtischen Handelstag stellte er den Mitgliedern des "Stadtmarketing Stadthagen" (SMS) das Produkt seiner bisherigen Bemühungen vor, eine Vorgehensweise, die individuell auf Stadthagen zugeschnitten sei.
Eindrücke sammeln, Chancen bewerten, neue Handelsunternehmen in die Stadt holen und so Leerstände beseitigen sind die Aufgaben, mit denen sich Pötzsch befasst hat. Insbesondere das Quartier Nordstadt und die Gesamtstadt standen dabei im Fokus. Pötzsch bescheinigte der Kreisstadt "Potential". Ein Gefüge aus Einzelhandel und Systemgastronomie hält er für den richtigen Branchenmix, auch das Hineinziehen sozialer Einrichtungen in die Innenstadt sei denkbar. Mit 25.000 Bewohnern, aber einem Einzugsbereich von etwa 75.000 Menschen, sei eine Ansiedung für Handelsketten attraktiv. Das größte Problem sei jedoch die geringe Größe der zur Verfügung stehenden Immobilien. Der Platzbedarf der Händler ist gestiegen und liege zurzeit zwischen 30 und 3000 Quadratmetern.
Um solche Möglichkeiten zu schaffen, versuchte er, den SMSlern das "Immobilien-Pooling" schmackhaft zu machen, bei dem einzelne Objekte zu einem verbunden werden. Die Nutzung durch einen oder mehrere Händler innerhalb eines Themenkomplexes soll die Ansiedlung in einer "Perspektivimmobilie" dank kopplungsfähiger Nutzung attraktiver werden. Als Beispiel führte Pötzsch Objekte in der Niedernstraße 43 bis 40 an. In diesem Zuge beruhigte der Experte, dass keine "Überfilialisierung" zu befürchten sei: Der Anteil liege in der Kreisstadt derzeit je nach Lage zwischen 31 und 58 Prozent im Vergleich zu 60 bis 65 Prozent, wie etwa in Hannover oder Hamburg. Ein Mittelzentrum wie Stadthagen trage eine große Verantwortung und dürfe sich Frequenzbringern nicht verschließen. In diesem Mix liege für ihn "die entscheidende Chance". Als direkte Auswirkung der Immobilienvermietung sieht er neben dem generellen Erhalt der Immobilien darüberhinaus das Potential zur deutlichen Wertsteigerung. Nicht nur einzelner Objekte, sondern auf lange Sicht auch der Quartiere.
Bürgermeister Bernd Hellmann betont, die Stadt "habe eine Wandlung vollzogen" und wolle nun aktiv in den Gestaltungsprozess der Innenstadt eingreifen. Dabei sei man um einen Konsens mit Immobilienbesitzern und Einzelhändlern bemüht und strebe einen partnerschaftlichen Umgang an. Früher habe man nur reagiert, jetzt sei man aktiver dabei. Im Vergleich habe man eher "nebeneinander her gewerkelt", jetzt würden die Interessen gebündelt. Aus einem Datensatz 350 infrage kommender Ansprechpartner hat es laut Pötzsch bereits konkrete Absagen, einige Rückläufe, aber eben auch einige Interessenten gegeben. Ihnen soll die Stadt in Kürze präsentiert werden. Pötzschs Einsatz als verlängerter Arm der Stadt dauert noch bis Herbst an. Danach stehe er auf Wunsch Einzelnen zur Verfügung, um sie bei der Abwicklung eines Mietvorhabens zu unterstützen. Er wolle keine "konkreten Handlungshinweise" geben, "zielgerichtete Hilfestellung müsse das Ziel sein". "Wir haben eine Plattform geschaffen", formuliert Hellmann sein Fazit und spricht von einem "dynamischen Prozess". Im vergangenen Jahr wurde ein Überblick geschaffen, Grundkompetenz habe man nun erworben. Hellmann sieht den Handelstag als Auftakt zum Dialog, geht aber nicht davon aus, in allen Punkten einen Konsens mit den Eigentümern zu erreichen. Dies bewiesen erste Einwände aus den Reihen der SMS-Mitglieder. Stefan Ammon, Vorsitzender des Bündins Nordstadt, stellte zur Frage, wie man "aus einer "1b-Straße" wie der oberen Niedernstraße eine "1a-Straße" machen könne. Aus seiner Sicht müsste ein Teil der unteren Niedernstraße noch hinzugefügt werden, um den gewünschten Attraktivitätsgrad zu erreichen. Eine weitere Wortmeldung zweifelte die "Zukunftsfähigkeit" des Konzeptes generell an und brachte den Vorschlag ein, einige Bereiche wieder in Wohngebiete zu verwandeln. Er sehe mehr Erfolg darin, sich auf kleine Bereiche zu konzentrieren. Pötzsch räumte daraufhin ein, dass "bestimmte Quartiere unterschiedlich genutzt bleiben würden". Nicht alle Flächen seien zu revitalisieren. Foto: nb