HANNOVER (ro). Geschlossenheit demonstrierten Fans und Spieler von Hannover 96 im dramatischen Saisonfinale. Weit über 12 000 Fans standen wie eine rote Wand hinter ihrem Team im Bochumer Stadion. "Gemeinsam für die 1. Liga” - diese Losung stand nicht nur auf den T-Shirts. Sie war für alle eine Herzensangelegenheit. Und die Herzen pochten bereits nach 45 Spielminuten voller Freude: 96 nahm eine 3:0-Führung mit in die Kabine. Sichtlich löste sich die Last der gesamten Saison aus den Gesichtern. Präsident Martin Kind griff während der Pause zum Telefon und gab grünes Licht für den späteren Feiermarathon in der heimsichen AWD-Arena. Nach dem Schlusspfiff feierte das Team ausgelassen vor dem Block der Anhänger den durch das 3:0 erreichten Platz 15. In Hannover gingen die Feierlichkeiten abends vor erneut 12 000 Fans weiter.
Wie schwer diese turbulente Saison psychisch an den Spielern genagt hat, zeigte sich direkt nach dem Schlusspfiff in bewegenden Szenen. Torhüter Florian Fromlowitz sackte mit einem Weinkrampf zusammen. Nach dem ersten Jubeltänzchen greifen sich die Profis ein schwarzes Spruchband und stellen sich vor die Kurve. "Robert R.I.P. (Rest in Peace = Ruhe in Frieden) steht darauf. Noch einmal hielt jeder kurz inne, es zeigte sich wie tief der Schmerz über den Selbstmord noch immer sitzt. Trainer Mirko Slomka äußerte später dazu: "Die Tränen sind ein deutliches Zeichen, wie sehr die Mannschaft Robert vermisst. Es sind Tränen der Erinnerung und der Freude." Die Fans sangen "Robert Enke, du bist der beste Mann”.
Die anschließende Jubelarie mündete in die hannoversche Erstligaraupe. Auf den Knieen rutschte die Spaßschlange über den Rasen. Aus weiteren wilden Tanzkreisen flogen Trikots und Trainingsjacken in die tobende Menge. Zum Abschluss fordern die Fans den Trainer. Mit einem hohen Jubelsatz springt er im Strafraum der Kulisse entgegen. Immerhin war seine Rechnung mit neun Punkten aus den letzten fünf Spielen aufgegangen.
Oben auf der Hauptribüne war die Anspannung bei 96-Chef Martin Kind längst gewichen. Er freute sich ein Spur gelassener mit 96-Aufsichtsratchef Valentin Schmidt und Gesellschafter Gregor Braun. Die Marke 96 hat seiner Ansicht in dieser harten Spielzeit eine "positive Entwicklung genommen, die Menschen in der Region haben sich in der Krise erstmalig mit 96 identifiziert”. Nun will der Chef in einer Fehleranalyse erst die Inhalte prüfen und sich dann der Personalplanung für die kommende Saison widmen. In der Pressekonferenz freute sich Slomka, dessen Vertrag sich durch den Klassenerhalt verlängerte, auf die Planungen. Indes scheint es nicht zwingend sicher ob er mit seinem Trainerstab weiterarbeiten darf. Vieles deutet eher auf einen krassen Schnitt hin. Immerhin laufen acht Spielerverträge aus, darunter die von Führungsspielern wie Arnold Bruggink, Hanno Balitsch, Steven Cherundolo und Sergio Pinto. Manager Jörg Schmadtke hingegen scheint weiter das volle Vertrauen des Chefs zu besitzen, da kein Spielertransfer richtig gefloppt hat. "Wir werden diskutieren und versuchen unseren Weg zu finden. Wer den nicht mitgehen will, hat keine Zukunft bei 96”, so Kind. Spannung bleibt somit unter dem Dach von Hannover 96 garantiert. Nur eines ist klar: Am 20. August erleben beim Heimspiel gegen Bayern München wieder 49 000 Fans wieder Bundesligafußball. Foto: bb