1. Mehr als lateinische Stuten backen

    Festvortrag zum Jahrestag der Gründung des "Gymnasiums illustre"

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    STADTHAGEN (ih). Eine lange Geschichte der Schule in Stadthagen: Am vergangenen Dienstag erinnerten die Stadt Stadthagen und der Verein Renaissance Stadthagen an die Gründung des "Gymnasiums illustre" durch Fürst Ernst von Holstein-Schaumburg im Jahr 1610. Die Strahlkraft des humanistischen Geistes, der vor 400 Jahren die Inhalte des ersten Gymnasiums in der Region prägte, reicht bis in die Gegenwart. Denn das Lernen und Forschen an der höheren Schule nahm auch Einfluss auf die Lateinschule, aus der das heutige Ratsgymnasium hervorging.

    Wo einst Schüler lernten, eröffnet Bernd Hellmann den Festakt zur Erinnerung an den 400. Jahrestag des "Gymnasiums illustre".

    Platz war in Stadthagen zunächst genug, berichtete Dr. Udo Jobst in seinem Festvortrag in der evangelisch-reformierten Kirche. Das Franziskaner-Kloster, in dem sich am Dienstag mehr als 120 Gäste versammelt hatten, stand vor 400 Jahren leer. Das "Gymnasium illustre" war eine Zwischenlösung für den Monarchen. Fürst Ernst wollte eigentlich eine Universität in seinem Herrschaftsgebiet etablieren. Dazu bedurfte es der Genehmigung des Kaisers, um die sich Ernst lange bemühte. So nahm zuerst das Gymnasium 1610 seinen Betrieb in Stadthagen auf, bis es zehn Jahre später wegen Platzmangels nach Rinteln umziehen musste und dort zur Universität wurde.

    Nach dem Weggang war Stadthagen "berührt", zitierte Jobst aus einem Brief Ernsts. Doch der Monarch hatte sein gesamtes Land im Blick und nicht nur die Interessen der einzelnen Städte. Die Ratsschule hatte von dem Einfluss jedoch profitiert. Das Weltgeschehen machte die Bildungsbemühungen zunichte. Der Dreißigjährige Krieg brachte Armut und Not mit sich, die Menschen kämpften täglich im ihr Leben. Die Bürgerschaft hielt von der Errichtung einer höheren Schule nichts, der Theologe und Geograph Anton Friedrich Büsching bemängelte die gravierende Bildungssituation. Ein bildungshungriger Bäckerssohn sei gefragt worden, ob er denn "lateinische Stuten" backen wollte, beschrieb Jobst in seinem Vortrag die Situation in Stadthagen. 1938 legten die ersten Abiturienten an der Oberschule für Jungen ihre Prüfungen ab, 1956 erhielt die Schule den Namen Gymnasium und 1970 wurde darauf das Ratsgymnasium. Seit vier Jahrzehnten habe sich die Schule einen Namen über die Grenzen des Landkreises hinaus gemacht, so Heinrich Frommeyer, Rektor des Ratsgymnasiums. Es sei natürlich eine Ehre, in der Renaissance verwurzelt zu sein. Doch Schule sei ein Treibhaus der Zukunft. Jeden Tag aufs Neue stünde die pädagogische Arbeit im Mittelpunkt, so Frommeyer. "Im Landkreis Schaumburg und Stadthagen hat man das verstanden," lobte der Schulleiter die Zusammenarbeit zwischen Schule und Träger sowie der Stadt.

    Stadthagens Bürgermeister Bernd Hellmann sprach in seinem Grußwort die Pädagogen an. Sie müssten begeistern. "Ein Lehrer müsse vielleicht auch als Freund, sicher aber als Vorbild daherkommen," so Hellmann, um die jungen Menschen zu fördern.

    Wie gut die Begeisterung für Musik am Ratsgymnasium klappt, zeigten Andreas Meyer und seine Schüler. Sie spielten während des Festaktes in der Klosterkirche Musikstücke der Renaissance. In den alten Mauern vermittelten sie damit einen kleinen Einblick in das Leben des "Gymnasiums illustre". Denn die Schüler wussten vor 400 Jahren nicht nur, zu lernen sondern auch das Leben zu genießen. Foto: ih

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