WIEDENBRÜGGE (nb). Diva durch und durch: Wenn Desiree Nick den Raum betritt, kann man sich ihrer Präsenz auf die eine oder andere Weise nur schwer entziehen. In Verbindung mit der Erscheinung einer Grand Dame ergibt ihr bissiges Zickenimage ein stimmiges Gesamtbild.
In ein elegantes Kostüm geschwungen stöckelte Nick unter den aufmerksamen Blicken ihres ausgewählten Publikums durch das Foyer des Landsitz Kapellenhöhe, nahm auf dem ihr zugedachten Barockstühlchen Platz und hatte ihr Terrain bereits abgesteckt. Gastgeber Achim C. Kapelle hatte zur "königlich-hannoverschen Teatime" geladen und mit der Wahl seiner Lektorin erneut einen guten Riecher bewiesen. Besucher aus dem gesamten Umland ließen sich von Stargast und kulinarischen Verheißungen anlocken und läuteten das Osterfest mit ein wenig höfischer Kultur ein. Zum Schwarztee gab es Süßes und Herzhaftes, obendrauf etwas royale Geschichte, die Frau Nick, wie von ihr nicht anders zu erwarten, mit einem Schuss Ironie abwürzte. "Der Kaiser und ich", das wiederaufgelegte Tagebuch Prinzessin Hermines von Preußen, gab dabei vor allem die Liebesgeschichte zwischen der Akteurin und deren zukünftigem Mann, dem deutschen Kaiser her.
Darauf konzentrierte sich die Entertainerin denn auch und bescherte ihren Zuhörern damit ein kurzweiliges Stündchen, dem es an geistreichen wie satirischen Bemerkungen nicht fehlte. Dass "die Nick", abseits der Äußerlichkeiten, als studierte Theologin weitaus mehr bieten kann, stellte sie nach diversen TV-Auftritten live erneut unter Beweis. Tee nippend konnten Kapelles Gäste private Einblicke in das adelige Leben zu Beginn des vorherigen Jahrhunderts verfolgen und an Hermines heimlicher Schwärmerei teilhaben. Bis sich die beiden "Königskinder" auf Schloss Bückeburg das erste Mal tatsächlich begegnen. Begleitet von einem großen gesellschaftlichen Skandal wird Hermine schließlich zur zweiten Frau des bereits abgedankten Kaisers. Nick bescheinigte der Autorin wertfrei einen "schmalzigen Stil": "Man könnte es auch Courths-Mahler nennen", so ihr Urteil. Deswegen büßt die Vorlage nicht unbedingt an Charme ein. Sie überzeugt alle durch authentische Einblicke, die Gefallen am Royalen finden. Mit ihrer signifikanten Art der Sprache verpasste die "Vorleserin" Nick den Erzählungen Hermines eine ganz neue Nuance und lockerte den Stoff. An passender Stelle ließ sich Nick ab und an zu einem Kommentar in eigener Sache hinreißen. Den Willen des Kaisers, sich noch in zweites Mal in den Stand der Ehe zu wagen, betitelte sie als eine "emotionale Glanzleistung". Nick selbst ist alleinerziehende Mutter, gibt sich unabhängig und weiß was sie will. Hier drängen sich erste Parallelen zur Person Hermines auf. Abseits von Stil und Formulierung entdeckte sie während der Vorbereitung auf die Lesung durchaus Positives. So sei es für Nick beeindruckend gewesen, sich mit dieser, zu ihrer Zeit, fortschrittlichen Frau zu beschäftigen, einer Avantgardistin und Revolutionärin. "Hermine gefällt mir, weil sie allen Widerständen zum Trotz an die große Liebe geglaubt hat." Kapelles Gästen gab sie die Gelegenheit, Fragen zu stellen und etwas mehr über die wandelnde Satirefigur zu erfahren. Sie signierte Bücher und war sich auch für Erinnerungsfotos nicht zu schade. Ist man sonst gewöhnt, dass die Unterhalterin kein Blatt vor den Mund nimmt, bestach sie ihr Publikum diesmal mit einer zahmeren, aber nicht weniger pointierten Version Ihrerselbst. Für Nick ein "kleiner Osterspaß", den sie sich gerne erlaubte habe. Ihren Aufenthalt im Schaumburger Land nutzte sie anschließend für einen Kurzurlaub im Haus Kapelle. Mit dem Inhaber verbindet sie seit einem Besuch des Wiener Opernballs auch eine private Freundschaft. Emanzipiert und couragiert: Was Hermine beschreibt, trifft zweifelsohne ebenfalls auf die Kabarettistin mit der "Berliner Schnauze" zu. Abgerundet mit der Nick‘schen "Noblesse" wäre kaum eine besser geeignet, die Geschichte einer gestandenen Prinzessin zu erzählen, die wenig an Konventionen hängt. Wer auf den Geschmack gekommen ist, kann "der Kaiser und ich" nach wie vor auf der Kapellenhöhe erwerben. Weitere Infos zu Desiree Nick gibt es unter www.desiree-nick.de. Fans der Teatime dürfen gespannt sein, wen das Haus Kapelle zur nächsten Veranstaltung einlädt. Foto: nb
Royale Intimitäten aus dem Mund einer Berliner Diva mit Hang zur höfischen Kultur: Entertainerin Desiree Nick liest aus "Der Kaiser und ich", den Memoiren der Prinzessin Hermine von Preußen.