BÜCKEBURG (hb/m). Der Niedersächsische Staatsgerichtshof hat unter dem Vorsitz von Professor Dr. Jörn Ipsen in einer dreistündigen mündlichen Verhandlung die Kommunalen Verfassungsbeschwerden des Landkreises Schaumburg und der Region Hannover gegen das Finanzausgleichsgesetz verhandelt. Der Landkreis wurde von Landrat Heinz-Gerhard Schöttelndreier, Kämmerer Jörg Farr und Rechtsanwalt Dr. Klaus-Henning Lemme, die Region Hannover durch den Regionspräsidenten Hauke Jagau und Rechtsanwalt Professor Dr. Klaus Rosenzweig vertreten. Für die Landesregierung verteidigte Innenminister Uwe Schünemann (CDU) das Finanzausgleichsgesetz.
Die Klagen, die gemeinsam verhandelt wurden, richten sich gegen den sogenannten "Flächenfaktor". Seit 2007 orientieren sich die Schlüsselzuweisungen des Landes an die Landkreise und die Region Hannover für die Schülerbeförderung und die Kreisstraßen nicht mehr in dem Maße nach den Einwohnerzahlen wie bei der alten Regelung. 9,7 Prozent der Mittel werden anhand der Fläche im Verhältnis zur Gesamtfläche aller Landkreise vergeben. Der Landkreis Schaumburg und die Region Hannover fühlen sich durch diese Regelung benachteiligt und zählen zu den Verlierern des von der CDU/FDP-Landesregierung vorgelegten Finanzausgleichsgesetzes.
Kämmerer Jörg Farr nennt es einen "gewollten politischen Bonus", dass Landkreise mit großer Fläche und geringer Bevölkerungszahl von der Neuvorteilung profitieren. Rechtsanwalt Dr. Lemme vermisst eine Verteilungsgerechtigkeit, wenn vier bis fünf Landkreise mehr Geld erhalten als sie an konkreten Kosten hatten. So bleibe kein Anreiz zum Sparen, wie es der Staatsgerichtshof in seiner Rechtsprechung einmal verlangt habe.
Lüchow-Dannenberg hat 2007 insgesamt 7,8 Millionen Euro für Kreisstraßen und Schülerbeförderung erhalten, obwohl lediglich Aufwendungen in Höhe von 4,76 Millionen Euro ausgewiesen wurden.
In Soltau-Fallingbostel musste der Landkreis 2005 insgesamt 6,55 Millionen Euro für Kreisstraßen und Schülerbeförderung ausgeben, hat 2007 dafür aber 9,26 Millionen Euro erhalten.
"Wir verlieren jedes Jahr rund zwei Millionen Euro an Schlüsselzuweisungen", berichtete Farr. Die Gewinner-Landkreise würden mit den Mitteln des Landes ihre Haushalte sanieren, und Schaumburg müsse dafür Geld aufnehmen.
Der Region Hannover entsteht durch die Einführung des Flächenfaktors jedes Jahr sogar ein Einnahmeverlust von mehr als 30 Millionen Euro, während der am stärksten von der Neureglung profitierende Landkreis 7 Millionen Euro zusätzlich erhält. "Kann dieses Ergebnis sachgerecht sein?", fragte sich Rechtsanwalt Dr. Rosenzweig. Das Land habe geglaubt, die Aufwendungen für die Schülerbeförderung und die Kreisstraßen seien umso höher, je größer das Kreisgebiet im Verhältnis zur Einwohnerzahl ist, "doch die Fakten sprechen dagegen."
Die Richter haben noch Beratungsbedarf, so dass ein Termin zur Urteilsverkündung noch nicht bekanntgeben werden konnte. Foto: hb/m