STADTHAGEN (nb). Ein schonungslos ehrliches Porträt einer Krankheit hat das Theaterstück "Hunger! Der Killer in mir!?" gezeichnet. Identifikationsfläche für Teenager boten die beiden jungen Hauptdarstellerinnen Denise Schindler und Nathalie Gessner. Im Forum der BBS sahen sich rund 100 Schüler an, wie sich aus einer "kleinen Diät" mit der Zeit Bulimie und Magersucht entwickeln können und welche gesundheitlichen Folgen das nach sich zieht.
Auf den mahnend erhobenen Zeigefinger wurde trotz pädagogischem Ansatz bei der Umsetzung bewusst verzichtet. Vielmehr sprachen die Bilder hier für sich. Das Stück des Weimarer Kulturexpress setzte auf eine vollständige und objektive Darstellung, die unschöne Details nicht ausklammert und Ursachen analysiert. Anhand von Mara und Nele, zwei durchschnittlichen jungen Frauen mit typischen Problemen, wurde nachvollziehbar dargestellt, wie es zu einer Essstörung kommen kann. Vorerst geht es lediglich um Zurückweisung und enttäuschte Liebe, später wird daraus ein Zwang, der sich verselbstständigt. Mara und Nele schaffen sich ihre eigene Welt und stacheln sich gegenseitig immer weiter an: Sie treten in einen Wettbewerb zueinander, bei dem diejenige gewinnt, die am schnellsten und am meisten abnimmt. Anfangs purzeln die Pfunde noch schnell. Und als es schwieriger wird, entwickeln sie immer härtere Strategien, um das vermeintliche Übergewicht loszuwerden. Ihre Methoden reichen dabei von Abführmitteln über Zigaretten bis hin zur tatsächlichen Bulimie. Gesundheitlich zeigen sich bereits erste Folgen, und doch machen beide so lange weiter, bis sogar die Freundschaft der beiden Mädchen daran zerbricht. Nele schafft den Absprung und geht in Therapie. Sie hat erkannt, dass ihr Problem nicht das "Dicksein" ist, sondern viel tiefer in ihrer Psyche wurzelt. Doch für Mara ist es bereits zu spät. Sie kann sich nicht mehr helfen lassen. Die Darstellerinnen waren mit vollem Einsatz dabei und gaben die ausgezehrten Mädchen überzeugend. Keine ganz leichte Rolle. "Doch wir wussten, worauf wir uns da einlassen", versicherten die beiden ausgebildeten Schauspielerinnen, "auch wenn es nur ein mögliches Beispiel ist". Sie berichteten von eigenen Erfahrungen mit Betroffenen. Die BBS-Schüler reagierten mit Interesse auf die realistische Darstellung, wenn erneut deutliche Würgegeräusche aus der Bühnen-Toilette drangen. In der nachträglichen Diskussionsrunde interessierten sie sich dennoch vorrangig für Beruf und Werdegang der beiden Schauspielerinnen. Foto: nb
Ständiger Begleiter: Der Gang zur Waage bestimmt für Nele (li.) und Mara den Tagesablauf.
BUz 02 Vergleich mit der Konkurrenz: In bunten Magazinen finden die Freundinnen Vorbilder und Anregungen für weitere Hunger-Strategien.
BUZ 03 Hungern bis zum Ende: Mara schafft den Absprung aus der Essstörung nicht.