LANDKREIS (jl). Das Unfallgeschehen 2009 auf den Straßen im Schaumburger Landkreis bezeichnete Frank Kreykenbohm, Leiter der Polizeiinspektion (PI) Nienburg-Schaumburg, in Punkto Alkohol als "Besorgnis erregend". Die Unfallstatistik des vergangenen Jahres zeigt eine enorme Zunahme von Alkohol-Unfällen um plus 17,65 Prozent. Im Jahre 2008 erwischte die Polizei 181 alkoholisierte Fahrer, wovon 68 in einen Unfall verstrickt waren. 2009 zogen Polizisten 203 Fahrer unter Alkoholeinfluss aus dem Verkehr, 80 von ihnen waren an einem Unfall beteiligt. Eine Tendenz, die für Kreykenbohm unverständlich ist: "Und das, obwohl es niemanden mehr geben dürfte, der nicht weiß, dass Alkohol am Steuer verboten und gefährlich ist". Positive Entwicklungen gebe es allerdings bei Fahrten und auch Verkehrsunfällen unter Drogeneinfluss. Hier sank die Zahl von 127 (2008) auf nur 74 Vergehen im Jahr 2009. Kreykenbohm und seinen Kollegen fehle aber noch der Glaube, um jetzt schon von einer Trendwende zu sprechen. Sie rechnen weiterhin mit einem großen Dunkelfeld.
Leiter der PI Nienburg-Schaumburg Frank Kreykenbohm (re.) und Verkehrsexperte der PI Manfred Weinspach präsentieren die teils erschreckenden Zahlen der Unfallstatistik 2009.
Hinsichtlich der Gesamtunfallzahlen registrierte die Polizei im Landkreis Schaumburg im vergangenen Jahr 3198 Verkehrsunfälle – 35 mehr als 2008. Grund hierfür könne der heftige und vor allem aber dauerhafte Wintereinbruch gewesen sein.
"Wir haben festgestellt, dass es in dieser Zeit vermehrt zu Unfällen kam", erklärte der Polizeiinspektionsleiter. Obwohl es einen leichten Anstieg von 4,3 Prozent auf 630 (2008: 604) Verkehrsunfälle mit Personenschaden gab, ist im Zehn-Jahres-Vergleich ein kontinuierlicher Abwärtstrend zu verzeichnen. Bei Unfällen dieser Art fällt immer wieder überhöhte Geschwindigkeit in der Ursachenanalyse auf. Auch die Zahl der Toten und Schwerverletzten geht weiterhin zurück. Insgesamt kam es zu neun Unfällen mit Todesfolge – vier Opfer weniger als 2008. Schwer verletzt wurden 111 Verkehrsteilnehmer gegenüber 118 im Vorjahr. Es gab keinen tödlichen Verkehrsunfall mit Kindern.
Die Reduzierung sogenannter Unfallhäufungsstellen sprach der Verkehrsexperte der PI Manfred Weinspach an. 2008 wurden zwölf Unfallhäufungsstellen erkannt, davon konnten alle entschärft werden. Sechs neue Örtlichkeiten wurden auffällig und werden in diesem Jahr in der Unfallkommission, der auch Weinspach angehört, behandelt. Ein besonders kritischer Punkt sei die Kurve beim Forsthaus Spießingshol auf der L 371 zwischen Pollhagen und Wölpinghausen. Die Haftung der Fahrbahn vor und nach der Kurve ist den Experten momentan noch ein Dorn im Auge. Nach geeigneten Maßnahmen dürfte dann im nächsten Jahr auch diese Gefahrenstelle vorüber sein.
Aus dem Unfallgeschehen stechen nach wie vor junge Menschen im Alter von 18 bis 24 Jahren heraus. Vier Tote, 20 Schwer- und 144 Leichtverletzte im vergangenen Jahr. In 70 Prozent der Unfälle sind sie Hauptverursacher. Vertreter dieser Altersgruppe schätzen oft nicht nur das Risiko falsch ein, so Kreykenbohm, sondern greifen auch oft zu Fahrzeugen, die technische Sicherheitsmängel aufweisen oder zu viel PS für einen Fahranfänger haben.
Gute Erfolgsmodelle seien hier der Führerschein mit 17 und das absolute Alkoholverbot für Fahrer bis 21 Jahre. "Wenn diese Ansätze nicht da gewesen wären, hätten wir viel gravierendere Auswirkungen", betonte Kreykenbohm. Auf Mitarbeit der Bevölkerung hoffe er bezüglich unaufgeklärter Verkehrsunfallfluchten. Um die polizeilichen Ermittlungsarbeiten intensivieren zu können, müsse auch die Bevölkerung mitarbeiten. Allgemein gesehen hob Kreykenbohm hervor: "Jeder hat die Möglichkeit sich intensiv einzubringen". Zum Beispiel einfach das Auto nach Alkoholgenuss stehen lassen, beim Fahren nicht telefonieren und die Augen bei Unfällen offen halten. Foto: jl