1. Die "Kunst des Überlebens" im Kongo

    Arzt vom Hammer Forum gibt erschütternden Bericht / Kalender hilft den Ärmsten

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    RODENBERG (pd). Mit eindrucksvollen Bildern und erschütternden Schilderungen über die Lebensbedingungen im Kongo hat Eckhardt Flohr, vor neun Monaten noch Chefarzt im Kreiskrankenhaus Stadthagen, die Achtklässler der Stadtschule Rodenberg aufgerüttelt. Anlass seines Besuches war die Übergabe von 400 Euro, die durch den Verkauf des Kinderkunstkalenders der Stadtschule zusammengekommen waren, an die Hilfsorganisation "Hammer Forum". Der Mediziner ist erst vor einigen Wochen aus dem krisengeschüttelten Land zurückgekehrt. Dort kümmert er sich in regelmäßigen Abständen um die jungen Patienten in einer Kinderambulanz.

    Eckhardt Flohr vom Hammer Forum (li.) freut sich über die Spende, die in Form eines symbolischen Schecks von den Schülern Torben Sieg, Timo Bartels und Miriam Helle übergeben wurde. Mit dabei die beiden verantwortlichen Lehrerinnen Ursula Winter und Ulrike Busche.

    Seit 1991 kümmert sich das Hammer Forum um Kinder in Krisengebieten. Der Mediziner Flohr, der auch schon in Afghanistan und Sri Lanka tätig war, bezeichnet die Zustände in dem afrikanischen Staat als besonders desolat. Nur fünf Prozent der Bevölkerung hat eine geregelte Arbeit. Nachdem das ehemalige Zaire in den 60er Jahren "in die Freiheit entlassen wurde", wie Dr. Flohr es in seinem Bericht im Forum der Stadtschule ausdrückte, hätte sich die Lage immer weiter verschärft. Seit 1996 würden dort kriegs- oder zumindest kriegsähnliche Zustände herrschen. Marodierende Milizen beherrschten das Volk. Es herrsche eine katastrophale Armut. Überall sei "die Kunst des Überlebens" an der Tagesordnung. Es gebe keine Infrastruktur und kein Gesundheitssystem. Die Lebenserwartung liegt bei 44 Jahren. 76 Prozent der Kinder leide an Hunger.

    "Hier gibt es viele Gründe zu helfen", führte Flohr weiter fort. Dank des Einsatzes des Hammer Forums ist es geglückt, in Kikwit, etwa 550 Kilometer von Kinshasa entfernt, eine Kinderambulanz aufzubauen. "Die funktioniert inzwischen auch recht gut", berichtete der Arzt und zeigte begleitend Fotos von der Einrichtung, die nach westlichem Standard wohl mehr als primitiv anzusehen ist, für die Menschen vor Ort aber einen großen Segen darstellt. Geduldig würden Tag täglich bis zu 75 Eltern darauf warten, dass ihre Kinder kostenlos von Ärzten und Schwestern behandelt werden. Allein im ersten Jahr des Bestehens 2008 sind 1300 Jungen und Mädchen behandelt worden.

    In der Hauptsache gehe es darum, Malaria, Durchfallerkrankungen, Tuberkulose und die Auswirkungen von Mangelernährung zu behandeln. Vor Ort müssten die Ärzte vom Hammer Forum nicht nur mit vielen Provisorien, Schmutz und Mängeln leben. Auch in Bezug auf die Behandlungsmethoden sei oft Überzeugungsarbeit bei den heimischen Ärzten und Pflegern zu leisten. "Viele Kinder werden mit Antibiotika förmlich bombardiert", hat Flohr erleben müssen. Die Folge davon sei, dass die Bakterien gegen die Medikamente resistent werden. Außerdem gebe es grundsätzlich unterschiedliche Auffassungen, was die Einhaltung einfachster Regeln in Bezug auf Hygiene betrifft. "Der OP wird nicht täglich gesäubert. Und Dinge, die wir neu bauen oder anschaffen, werden nicht gepflegt".

    Anstatt sich von heimischen Früchten mit der täglichen Vitamindosis zu versorgen, werden lieber Pillen eingenommen. "Die Jungen spielen mit den Mangos lieber Fußball", hat Flohr erleben müssen. Dennoch sieht er kleine Fortschritte, die wieder Mut machen. Er präsentiert Bilder, auf denen Kinder bei ihrem ersten Besuch der Milchambulanz zu sehen sind und solche, auf denen eben diese dann mit einem glücklichen Lächeln in die Kamera blicken. Wohlgenährt und augenscheinlich zufrieden. Das sei Dank und Motivation genug für den Einsatz im Kongo, bekräftigt Flohr zum Ende seines Vortrages.

    Der nach den Worten von Kunstlehrerin Ursula Winter ausgesprochen gelungene Kalender der Stadtschüler habe mit gutem Erfolg verkauft werden können. Lobende Worte gab es für die Künstler, deren Arbeiten in dem Kalender abgebildet sind. Dank großzügiger Sponsoren wie dem Druck- und Verlagshaus Oppermann und Kunststoff-Technik Rodenberg (KTR) habe man die Druckkosten niedrig halten können. 490 Euro sind durch den Verkauf zusammen gekommen, davon geht der Löwenanteil an das Hammer Forum und 90 Euro sind für die Partnerschulen in Tansania gedacht. Die Kalender, die bislang nicht verkauft werden konnten, werden jetzt durch die Schülerverwaltung in Seniorenheimen verteilt. Foto:pd

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