SAMTGEMEINDE RODENBERG (al). Ein Adelsherr kommt mit Kutschen und Tross in die Samtgemeinde Rodenberg. Anlässlich des 900-jährigen Bestehens des Schaumburger Lands schlüpft der Schauspieler Peter Kämpfe in die Rolle von Fürst Ernst zu Holstein-Schaumburg. Der für die Region bedeutendste Herrscher lebte von 1569 bis 1622. Kämpfe wird zehn Tage lang das Schaumburger Land bereisen und es aus seiner historischen Sicht betrachten. Das Drehbuch für das Treffen "von Renaissance und Moderne" schreibt der Theatermann, der gegenwärtig noch auf Berliner Bühnen steht, selbst.
Kommunen, Vereine und Bevölkerung sollen ihm zuarbeiten. Sie sind aufgefordert, mit möglichst originellen "Spielideen" an den vorgesehenen Stationen für ein eigenes Programm zu sorgen. Etliche Köpfe haben sich dabei schon etwas für den geplanten Tag ausgedacht: Am Sonntag, 22. August, wird der hohe Gast aus dem Auetal in die Samtgemeinde kommen. Gegen 14 Uhr könnte er in Apelern sein; um 16 Uhr in Rodenberg, nach 18 Uhr in Lauenau und schließlich gegen 20.30 Uhr in Hülsede. Dort übernachtet er im Schloss und wird am 24. August seine Reise fortsetzen.
Bei einem ersten Treffen von Landkreisvertretern mit den Bürgermeistern und Vereinsvorständen der beteiligten Orte gab es gleich lange Gesichter. Überall waren schon Pläne geschmiedet und erste Programmabläufe diskutiert worden: ein Gerichtstag und Schüler-Theaterszenen in Rodenberg, das Spiel um einen historischen Bierstreit in Lauenau, Gesangs- und Blasmusikbeiträge in Pohle und ein Fackelaufmarsch in Hülsede. Doch sehr schnell wurde deutlich, dass die Zeit für alle Pläne nicht reichen wird. Außerdem befanden erste Kritiker: "Der Gast kommt zu spät." Wenn die Events in Lauenau und in Hülsede erst am Abend stattfänden, könnte das Publikum ausbleiben: "Schließlich ist Montag wieder Arbeitstag", bemerkte Hülsedes stellvertetende Bürgermeisterin Marion Passuth.
Organisator Ralf Mahnert von der Landkreisverwaltung betonte, die Länge des jeweiligen Aufenthalts hänge von den örtlichen "Spielideen" ab: "Der Fürst soll nicht im Gottesdienst sitzen oder ein langes Theaterspiel verfolgen." Viel wichtiger seien spontane Aktionen: das Schlichten eines Streits; ein Zwiegespräch über ein aktuelles Thema; die Entgegennahme einer Forderung. Das Ganze aber könnte eingebunden werden in jeweils größere örtliche Rahmen. So überbrücken vielleicht Feste oder Liedvorträge das Warten auf den Fürsten.
Die ehemalige Erste Kreisrätin Eva Burdorf, die das Projekt weiterhin betreut, wurde noch deutlicher: "Sie sollen nicht Dinge von früher vorspielen, sondern ein konkretes Anliegen des 21. Jahrhunderts dem Gast aus dem 17. Jahrhundert vortragen." Den Lauenauern beispielsweise riet sie zur Forderung, in Schaumburg mehr Rupp-Bier auszuschenken. Junge Leute sollten das Problem eines fehlenden Jugendzentrums vortragen und den Herrscher um eine Lösung bitten.
Burdorf verlangte von den Beteiligten "keine Blockade durch die engen Zeitfenster", sondern kreative Ideen. Schön wäre es, wenn überall viele Leute "auf den Beinen" wären, um dieses "soziokulturelle Spiel" mit Interesse und Ideen zu bereichern. Vor diesem Hintergrund erhält die Idee des Rodenberger Heimatbunds durchaus Chancen, die einen selbstherrlichen hiesigen Amtmann durch den Herrscher zur Raison bringen lassen möchte. Für spontane Spielszenen dieser Art hat der Landkreis sogar drei Fachleute vom Theaterpädagogischen Zentrum Hildesheim verpflichtet. Auch Kämpfe selbst wird vor seiner eigentlichen Tour vor Ort zu Regiegesprächen erwartet.
Bis Ende Februar können in den Orten Vorschläge gesammelt und direkt beim Landkreis sowie im Rodenberger Rathaus eingereicht werden. Dort ist Günter Wehrhahn Koordinator für alle geplanten Aktivitäten.
Übrigens sollen nicht nur Kommunen und Vereine sich den Kopf zerbrechen. Auch Privatpersonen sind gefordert, um den Fürst mit originellen Ideen vielleicht zu einem Zwischenstopp auf seinem langen Weg durch das Schaumburger Land zu bewegen. Schnell kommt er ohnehin nicht voran: Die beiden Kutschen zockeln mit höchstens 6 km/h zu ihrem nächsten Ziel. Foto: al