1. Auf der Suche nach vergessenen Spuren

    Ehepaar Schewe recherchiert in der Vergangenheit / Weitere Zeitzeugen werden gefragt

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    SACHSENHAGEN (nb). Ein ausgedienter Gebrauchgegenstand kann ein Anfang für etwa ganz Neues sein. So erging es dem Ehepaar Schewe, dessen Recherchelust geweckt wurde, als es eine alte Dezimalwaage auf dem Sperrmüll entdeckte. Eingraviert war der Name "Philippsohn". Wie sich herausstellte handelte es sich hierbei um den Großvater des örtlich bekannten jüdischen Mädchens Gerda Philippsohn. Später engagierten sich die Schewes über die Volkshochschule in einem Arbeitskreis und machten es sich zur Aufgabe, die nationalsozialistische Vergangenheit der Seeprovinz zu erkunden. Dabei stießen sie auf einige Begebenheiten, die in der Kanalstadt noch heute vom dunkelsten Kapitel der jüngeren Geschichte erzählen. Auf der Suche nach Spuren, die Gerda Philippsohn hinterlassen hat, haben sich viele neue Informationen ergeben, Vieles, wie etwa der Verbleib persönlicher Habe, blieb bis heute ungeklärt. Auch mit der Kusine von Gerda konnten sie in Kontakt treten und Informationen aus erster Hand sammeln. Diese gibt das Ehepaar nun mindestens einmal jährlich an die Kinder der örtlichen Grundschule weiter und versucht ihnen altersgerecht zu vermitteln, welche Verbrechen an der Menschlichkeit einst sogar in ihrem eigenen Wohnort geschehen sind. "Die Kinder sind sehr gebannt und aufmerksam", berichtet Rita Schewe von ihren Erfahrungen. "Wir betreiben eine Art emotionale Aufklärung, die hoffentlich bleibende Eindrücke hinterlässt." Nachlesen können Interessierte in dem Buch "Spuren jüdischen Lebens", zu dessen Erscheinen die Schewes maßgeblich beigetragen haben. Bei Schulleiterin Imke Hermann-Edling ist das Ehepaar stets willkommen, schließlich haben beide die Initialzündung dafür gegeben, dass die Grundschule heute namentlich an das jüdische Mädchen erinnern kann. Doch das Vorhaben, in Sachsenhagen einen Gedenkstein für Gerda Philippsohn und die weiteren Opfer des Hitler-Regimes zu schaffen, konnte bisher nicht realisiert werden. Ein Teil des Preisgeldes durch den Gewinn des letztjährigen Wettbewerbs "Fair bringt mehr" liegt, auf besonderen Wunsch der Schüler, nach wie vor zur Umsetzung dieses Projektes bereit. "Außerdem habe ich die Hoffnung, das auch einige der alten Sachsenhäger ihren Enkeln gegenüber aufgeschlossen sind und aus der damaligen Zeit erzählen", so Rita Schewe. Ein "Erzählcafe", wo ehemalige Klassenkameraden und Mitbürger sich an Gerda erinnern können und über kleine Alltäglichkeiten berichten ist ein lange gehegter Wunsch. Nur Akteure, die bereit dazu sind, ließen sich bisher nicht finden. Auch als Teil des Schulunterrichts wären sie eine wertvolle Ergänzung.

    Foto: nb

    Gemeinsam erinnern: Rita (v.li.) und Eckart Schewe besuchen die Grundschule und erzählen den Schülern über das Leben zur Zeit des Dritten Reiches. Bei Imke Hermann-Edling (re.) sind sie gern gesehene Gäste.

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