STADTHAGEN (jl). Der grüne "New Deal" - Mit ökologischer Innovation aus der Krise? Antworten und Impulse hat es von Ralf Fücks, Vorstand der den Grünen nahestehenden Heinrich Böll Stiftung, im Rahmen eines spannenden Vortrags in der Alten Polizei gegeben. Cornelia Laasch und Friedrich Deventer (Bündnis 90/Die Grünen) führten die zahlreich erschienenen Zuschauer durch die anschließende Debatte zwischen den beiden Landratskandidaten Jörg Farr und Klaus-Dieter Drewes.
Gastreferent Fücks suchte den Einstieg über die gescheiterte Weltklimakonferenz in Kopenhagen, die anscheinend keine "Depression in der Bevölkerung" auslöste. Grund: Der große Wandel sei bereits längst im Gang. "Wir sind am Beginn einer grünen Revolution, die nicht nur Zukunftsmusik oder Utopie ist", sagte Fücks. Die Tendenz Richtung erneuerbare Energien sei rasch steigend. Er verdeutlichte, dass dieser grüne "New Deal" als einzige Alternative ein Entkommen aus der derzeitigen Doppelkrise von Ökonomie und Ökologie garantiere. "Wir befinden uns in einem dramatischen Prozess der Erschöpfung der natürlichen Ressourcen", so Fücks. Eine komplette Umstellung von fossiler Energienutzung auf eine ökologische Grundlage sei unumgänglich.
Auf Kommunalebene bedeutet das: "Wie können regionale und lokale Potenziale genutzt werden?" Für den Stiftungsvorstand sei die Stabilisierung der Bevölkerung ein zentraler Aspekt. Es gehe darum, in die Wirtschaft und in die Menschen zu investieren. Neben der nachhaltigen Belebung der Wirtschaft durch Fokussierung auf mögliche Jungunternehmer, so der Redner, sei auch die Konzentration verfügbarer öffentlicher Mittel für eine Optimierung des Bildungswesens vonnöten. "Im Prinzip wissen wir, wie es geht", sagte Fücks, "nur hat das Umdenken noch nicht das Bewusstsein aller erreicht".
In der anschließenden Diskussion trafen erstmals die beiden Anwärter des Landrats aufeinander. In einem sachlichen Schlagabtausch bezogen die beiden Konkurrenten Position. Auf die Frage, ob Schaumburg als eine "energieautarke Region" vorstellbar sei, antwortete der für die SPD antretende Parteilose Farr, dass der Landkreis schon einen Teil dieses Weges gegangen sei. Er setzte den Akzent auf die bestehenden 15 Biogasanlagen und 44 Windkraftanlagen im Landkreis. "Damit könnte bereits die Hälfte der privaten Haushalte in Schaumburg versorgt werden", betonte Farr. Der Weg müsse nur weiter gegangen werden und zwar verstärkt mit Investitionen in Photovoltaikanlagen und Geothermie. CDU-Kreisvorsitzender Drewes versuchte mit Grundeinstellungen und "Vertrauen in die neuen Wege" zu überzeugen. Die Umwelt müsse für Kinder und Enkel erhalten bleiben. Um dieses Ziel zu erreichen, könne er sich die Errichtung eines Technologieparks in Schaumburg vorstellen. Farr und Drewes favorisierten die Rückholung der Konzessionsrechte für das Stromnetz durch die Kommunen.
Auf eine konkrete Antwort drängten Deventer und Laasch hinsichtlich einer möglichen Unterbringung von Energieberatern in Schaumburg. Farr sehe die Etablierung solcher Beratung ganz klar nicht auf der Ebene des Landkreises, sondern "vor Ort in den Städten und Samtgemeinden". Für Drewes sei es nachvollziehbar, dass die Bürger für solche Angelegenheiten nicht jedes Mal in die Kreisstadt fahren. Er ergänzte jedoch, dass der Landkreis als Verantwortlicher für die Einrichtung eines Energiebratungsnetzes auf Gemeindeebene agieren müsse. Zu Wort meldete sich auch Stadthagens Bürgermeister Bernd Hellmann. Er befürwortete ausdrücklich die Arbeitsverteilung auf Kommunen und versprach aus Sicht der Kreisverwaltung: "Wir wollen da mitarbeiten". Er schreibe seiner Verwaltung einen hohen Stellenwert zu, wisse jedoch auch: "Wir müssen die Grenzen der Verwaltung erkennen und Aufgaben an die Kommunen abtreten". Foto: jl