SAMTGEMEINDE LINDHORST. "Welch ein Wahnsinn", rief Wolfgang Jüttner, Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion, im Saal von Hof Gümmer seinen rund 100 Zuhörern zu, die zum Neujahrsempfang des SPD-Samtgemeindeverbandes gekommen waren. Gastredner Jüttner meinte mit seinem Ausruf die Steuersenkungspläne der Bundesregierung und erntete für seine Feststellung heftigen Beifall. Diese Steuersenkungen, so Jüttner, hätten zur Folge, dass in Deutschland kein öffentlicher Haushalt mehr ausgeglichen werden könne.
Erwin Martin: "Wir wünschen uns eine IGS".
Wolfgang Jüttner sprach vor rund 100 Zuhörern im Saal von Hof Gümmer.
Die Samtgemeinde Lindhorst startet nach Aussage ihres Bürgermeisters Gerhard Busche (parteilos) mit einem dicken Minus in das neue Jahr. Im Haushalt wird sich ein Loch von 670.000 Euro auftun, Ein Stopfen ist nicht möglich, so Busche. Sinkende Aufkommen bei der Gewerbe- und der Einkommenssteuer sowie bei Zuweisungen des Landes schlügen voll durch. Die Steuergeschenke der Bundesregierung müssten die Kommunen bezahlen. Dies habe ein verstärktes Sparen, aber auch eine höhere Verschuldung der Samtgemeinde zur Folge, wenn man nicht die Gebühren zu Lasten der Bürger und Betriebe erhöhen wolle. Mit Blick auf den sich anbahnenden demographischen Wandel, die Samtgemeinde verliert in den nächsten 15 Jahren über zehn Prozent ihrer Bürger, stellte Busche die Frage in den Raum: "Wer soll dann noch die Steuern bezahlen, die zur Entschuldung notwendigerweise erhoben werden müssen?" Es müsse auch gefragt werden, welche öffentlichen Einrichtungen sind nötig, wie viele können wir uns noch leisten? Busche vertrat die Auffassung, Lösungsansätze zum Ausweg aus der Misere müssten gemeinsam über die Parteigrenzen hinweg gesucht werden.
Auch der Lindhorster Bürgermeister Hans-Otto Blume (SPD) beklagte die finanzielle Situation seiner Gemeinde, die von zu erwartenden Steuereinbrüchen geprägt sei. Das Krisenjahr 2009 habe man jedoch gut bewältigt. In naher Zukunft stelle sich die Frage nach der Einrichtung von Krippenplätzen, einer gesetzlich verordneten Pflichtauflage. Allerdings gestalteten sich die Planungen vor dem Hintergrund sinkender Geburtenzahlen äußerst schwierig. Krippenplätze für Lindhorst fänden wahrscheinlich Platz in einem Neubau, allerdings sollte bei den Planungen auch eine mögliche Lösung auf Samtgemeindeebene nicht außer Acht gelassen werden.
Blume hofft darauf, dass die Belebung des Ortszentrums mit Sanierung der Bahnhofstraße weiter Fahrt aufnimmt. Noch immer gebe es Leerstände. Vermutlich ist 2011 mit Beginn der Bauarbeiten in der Bahnhofstraße zu rechnen.
Die Politik muss dafür sorgen, dass die finanzielle Ausstattung der Gemeinden und Städte auf eine Weise erfolgt, die sicherstellt, dass die Bedürfnisse der Menschen vor Ort erfüllt werden, stellte Wolfgang Jüttner fest. Der geborene Lüdersfelder war auf Einladung des Samtgemeindeverbandes nach Lindhorst gekommen. Eine solide finanzielle Ausstattung stärke die kommunale Demokratie, da damit gewährleistet werde, dass Lebensräume in den Gemeinden von den Menschen selbst gestaltet werden könnten. Nach Jüttners Worten hat das Thema Bildung Vorrang. Der SPD-Landespolitiker legte ein klares Bekenntnis zu einer Integrierten Gesamtschule (IGS) am Standort Lindhorst ab, wobei er erkennen ließ, dass sich eine kleine IGS für Orte unter 10.000 Einwohnern anböte.
In seinen Begrüßungsworten hatte Erwin Martin, Vorsitzender des Samtgemeindeverbandes, bereits darauf hingewiesen, dass der Schulstandort Lindhorst in Gefahr sei, wenn hier keine IGS eingerichtet würde. Eine klare Absage formulierte er an die Adresse der Schaumburger CDU: Mit der SPD gebe es keinerlei Verhandlungen hinsichtlich einer Fusion verschiedener Samtgemeinden. Eine interkommunale Zusammenarbeit an der ein oder anderen Stelle sei möglicherweise sinnvoll, räumte er ein. Eine Fusion komme aber nicht in Frage. "Für uns ist der Bürger vor Ort wichtig, wir wollen alle Möglichkeiten ausschöpfen und das Vorhandene erhalten," sagte Martin.
Seit einigen Jahren sind die beiden Kirchengemeinden ebenfalls Gast beim Neujahrsempfang. Auch Pastor Michael Grimm von der evangelischen Kirchengemeinde stellte die Frage nach möglichen Konsequenzen bei einer ausufernden Verschuldung des Staates in den Raum. Grimm bat seine Zuhörer der Versuchung zu widerstehen, Versprechen zu machen, die nicht einzulösen seien. "Vertrauen Sie keinem Menschen, der das Blaue vom Himmel herunter verspricht," appellierte der Pastor ferner an seine Zuhörer im Saal. Foto: privat