1. "Man kann sich nicht auf den Augenschein verlassen"

    Jugendliche Testkäufer erhalten fast immer Hochprozentiges

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    STADTHAGEN (bb). Eine negative Überraschung haben die Vertreter von Polizei, Ordnungs- und Jugendämtern bei einer Alkohol-Testkauf-Aktion in Tankstellen, Kiosken und Supermärkten in Stadthagen erlebt. Entgegen den Erwartungen bekamen die beiden minderjährigen Jugendlichen in der Mehrzahl der Verkaufsstellen anstandslos Wodka und anderes Hochprozentiges.

    "Die Verkäuferin hat nicht nach dem Ausweis gefragt, sondern ohne zu zögern die Flasche über den Scanner gezogen", berichtete die 16-jährige Testkäuferin nach der ersten Station, einer Tankstelle am Rande Stadthagens. Sie war mit einem Wodka-Mischgetränk zur Kasse gegangen und hatte dieses problemlos kaufen können. Eigentlich waren die Vertreter der beteiligten Behörden, nämlich der Polizei, des Landkreis-Jugendamtes sowie der Ordnungsämter von Stadt und Landkreis vor der Aktion zuversichtlich gewesen, dass den beiden Teenagern in der Mehrzahl der Fälle der Kauf von Schnaps verweigert würde. Schließlich war bei einem gleichartigen Testlauf in Stadthagen im Februar nicht eine einzige Flasche Hochprozentiges über die Ladentheke gegangen. Die Kassierer hatten die Jugendschutzbestimmungen damals sehr gewissenhaft eingehalten. Einziges Manko war der Verkauf von zwei Bierbüchsen an einen fünfzehnjährigen Testkäufer gewesen. Ein ähnliches Bild hatte sich bei einem Test in Verbindung mit einem Schulprojekt in Rinteln ergeben.

    Erschüttert zeigten sich die Beteiligten jetzt bei der zweiten Aktion in Stadthagen, bei der Tankstellen, Kioske und Supermärkte in den Randlagen der Kreisstadt geprüft wurden. In fünf von sechs Fällen erhielten die beiden Jugendlichen, eine 16-jährige Auszubildende und ein 17-jähriger Auszubildender des Landkreises, Schnaps oder branntweinhaltige Getränke.

    "Wir wollen die Kassierer nicht hereinlegen", hatten Polizeisprecher Axel Bergmann und die anderen Beteiligten vor der Aktion versichert. Deshalb liefen die Testkäufe auch nach strengen Regeln ab. Die beiden jungen Testkäufer durften während der Aktion weder lügen noch betteln. Auf Verlangen hatten sie anstandslos den Ausweis vorzulegen. Stets befand sich auch ein Vertreter der beteiligten Behörden in der Nähe, um den Verkaufsvorgang zu beobachten. Hinterher wird stets das Gespräch mit den Verkäufern gesucht, gerade auch, wenn diese sich korrekt verhalten und die Abgabe der Alkoholika verweigern. "Uns ist es sehr wichtig, Kassierer, die richtig handeln, zu bestätigen und zu motivieren", so Bergmann. Nur blieben beim letzten Durchgang anders als im Februar positive Beispiele Mangelware. In den insgesamt sechs angelaufenen Verkaufsstellen hielt nur eine Kassiererin in einer Tankstelle die Jugendschutzbestimmungen ein, fragte nach dem Ausweis und lehnte den Verkauf der Wodka-Flasche ab. Besonders erschütterte die Behördenvertreter das Verhalten eines Kioskverkäufers. Er fragte den jungen Testkäufer nach dessen Alter. Als der dieses wahrheitsgemäß mit 17 angab, verkaufte ihm der Kassierer die Schnaps-Flasche trotzdem, mit dem Hinweis "diese schön unter der Jacke zu verstecken."

    Als zuständige Behörde wird das Ordnungsamt des Landkreises die Ordnungsstrafen gegen die nicht korrekt handelnden Verkäufer verhängen. Dabei wird mit Augenmaß vorgegangen, die jeweilige Situation während des Verkaufs fließt mit ins Strafmaß ein. So wird eine junge Verkäuferin, die sich von ihrem Fehler tief betroffen zeigte, mit einer Verwarnung davonkommen. Wer dagegen vorsätzlich Schnaps an Jugendliche abgibt, muss mit empfindlichen Strafsummen rechnen.

    "Man kann sich bei der Einschätzung des Alters nicht mehr auf den Augenschein verlassen", hielt Axel Bergmann fest. So müsse man Jugendliche beim Alkoholkauf eben grundsätzlich nach dem Ausweis fragen. Natürlich würden Polizei und Ordnungsämter mit ähnlichen Testkaufaktionen auch in Zukunft das Bewusstsein für die Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen schärfen. Foto: bb

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