OBERNKIRCHEN (bb). Noch bis zum 2. November zeigt das Seniorenzentrum Sonnenhof in Obernkirchen die Ausstellung "Seinen Ort finden" der Friedensbibliothek Berlin-Brandenburg. Die Ausstellung stellt vier Menschen mit Texten und Bildern vor, die in unterschiedlichen Zeiten im Alltag Mut bewiesen und ein Leben führten, ohne sich inhumanen Anforderungen von Staat und Gesellschaft zu beugen.
Die Ausstellung "Seinen Ort finden" stellt in Text und Schwarzweiß-Aufnahmen Biographien "gewöhnlicher Menschen" vor, die sich für außergewöhnliche Lebenswege entschieden, darunter den polnischen Bauern Jan Bernasiewicz.
Einer dieser "gewöhnlichen Menschen", die in schwieriger Zeit einen außergewöhnlichen Lebensweg wählten, war Franz Jägerstätter. Tief im katholischen Glauben wurzelnd, ließ sich der Oberösterreicher nicht vom NS-System vereinnahmen. 1938 stimmte er als einziger Bürger seines kleinen Heimatdorfes gegen den Anschluss Österreichs an Hitlerdeutschland. Später nahm er das Kindergeld des NS-Staates nicht an und verweigerte den Kriegsdienst. Trotz staatlicher Repressalien und der Anfeindungen der Dorfgemeinschaft hielt er an seinem Kurs fest. 1943 wurde er als Kriegsdienstverweigerer hingerichtet. Seine Frau sah sich noch lange nach Kriegsende der Ablehnung der Dorfgemeinschaft ausgesetzt.
Kurt Kretschmann ging in der DDR konsequent seinen Weg, um seinen Ort im Leben zu finden. Der "Vater des Naturschutzes in der DDR" setzte sich schon kurz nach Kriegsende für den Erhalt der heimischen Flora und Fauna ein. Von 1954-1960 bildete er in einer Naturschutzlehrstelle Umweltaktivisten aus, betrieb später einen Lehr- und Schaugarten. Sein Engagement wurde vom DDR-Regime nicht gern gesehen, trotzdem ließ sich Kretschmann von seiner ehrenamtlichen Tätigkeit niemals abbringen. Hinzu kommt die Bographie des Tschechen Josef Sudek, der im Ersten Weltkrieg einen Arm verlor, und trotzdem als Fotograph ein Werk schuf, das internationale Anerkennung fand. Ebenso wird der polnische Bauer Jan Bernasiewicz vorgestellt, der im Alter von 65 Jahren sein Land verkaufte, um sich der Kunst zu widmen. Er schnitzte vierhundert mehr als mannsgroße Figuren aus Obstbäumen, die seinen ganzen Garten bevölkerten.
Die Friedensbibliothek Berlin-Brandenburg hat die Ausstellung mit insgesamt sieben außergewöhnlichen Biographien entwickelt, vier davon sind im Foyer des Seniorenzentrums Sonnenhof zu sehen. Werner Hobein, Leiter des Sonnenhofs, erklärte, dass die Ausstellung einerseits natürlich den Bewohnern und ihren Angehörigen präsentiert werde. Andererseits seien jedoch auch alle anderen Interessierten zum Besuch eingeladen, auch Schulklassen seien gern gesehen. Das Seniorenzentrum zeigte bereits mehrere Ausstellungen der Friedensbibliothek Berlin-Brandenburg. Hervorgegangen aus der oppositionellen DDR-Bürgerrechtsbewegung engagiert sich diese heute in der unabhängigen Bildungsarbeit, unter anderem mit zahlreichen Ausstellungen im ganzen Bundesgebiet. Foto: repro bb