1. Von "Historisch" bis "Hysterisch"

    Überplanung des Kurpark-Geländes beschäftigt Ratsgremien erneut / Rekonstruktion sichert Fördergelder

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    BAD NENNDORF (pd). Als eine weitere "Weichenstellung" hat Stadtdirektor Bernd Reese die Präsentation der neuen Pläne für die Umgestaltung des Bad Nenndorfer Kurparks bezeichnet. Als würdigen Rahmen dafür wurde der Große Saal der Wandelhalle gewählt. In der gemeinsamen Sitzung des Umwelt-, Bau- und Fremdenverkehrsausschusses zeigte die Landschaftsarchitektin Anke Deeken ihre Vorstellungen vom zukünftigen Aussehen des Kurparks. Zahlreiche Zuhörer verfolgten die Sitzung mit großer Aufmerksamkeit. Eine Entscheidung für eine der sieben Vorentwurf-Varianten der Bremer Planerin ist nicht gefallen. In den Fraktionen wird jetzt weiter beraten.

    Gleich zu Beginn der Sitzung hob Bauamtsleiter Hans-Bernhard Kampen hervor, das die Pläne Grundlage dafür sein sollen, aus den Fördertöpfen für Tourismus-Entwicklung oder Städtebauförderung möglichst viele Zuschüsse gewährt zu bekommen. Insgesamt sieben Planvarianten hat die Landschaftsarchitektin ausgearbeitet. In der Sitzung wurden die Planvarianten vier und fünf ausführlich dargestellt. Bei allen Entwürfen habe sich als "Knackpunkt" der Bereich um die Esplanade herausgestellt. Die Grundfrage dabei lautete laut Kampen immer "Rekonstruktion oder Restauration des historischen Vorbildes". Weil allein die Rekonstruktion die Fördermittel sichere, habe sich die Verwaltung im Vorfeld bereits dafür ausgesprochen, machte der Bauamtsleiter vorab klar.

    Anke Deeken gab zu, sie habe bei der Erstellung der Pläne "viele Dinge unter einen Hut" bringen müssen. Eine Kernfrage lautete stets "Wie kann ich mit dem umgehen, was in den 70er Jahren falsch gemacht worden ist?" Sie musste den Wunsch nach Gradlinigkeit, nach mehr Aufenthaltsqualität erfüllen, und dabei auch nie die Vorgaben des Denkmalsschutzes oder die Finanzen aus dem Blick verlieren. Die Wiederherstellung der Sichtachsen bezeichnete sie als ein "großes Pfund".

    Die Kosten bezifferte sie je nach Variante mit 2,7 bis 3,0 Millionen Euro. In modifizierten "abgespeckten" Vorschlägen könnten am Ende Kosten von rund 2,0 Millionen herauskommen. Dabei zeigt die "Streichliste" dann auch konkret auf, was das bedeuten könnte: Zum Beispiel Beton statt Naturstein, nur wenig Platz für "Wasserspiele", kaum neue Lichtaspekte oder gar eine durchdachte Licht-Architektur. In der Fragestunde für die Zuhörer griff Gastwirt Martin Hattendorf dies auf und stellte für sich fest "Dann wird das Schönste ja gestrichen!" Aus seiner Sicht wäre eine vordringliche Aufgabe, die Gehwege im Kurpark zu erneuern.

    Bei den Varianten vier und fünf geht es um die Bereiche Kurpromenade, Sonnengarten und Esplanade. Deeken räumte ein, dass die Vorentwürfe noch eine ganze Menge an Handlungsspielraum zulassen würden. Das gelte unter anderem für Baumabstände und Arten von Bepflanzungen. Michael Kosian, einer der Zuhörer, forderte mit eindringlichen Worten einen "Rückbau auf historischer Grundlage" und ein "Wiederherstellen nach Qualitätsmerkmalen". Er warnte davor, allein die Kosten als Entscheidungsgrundlage zu nehmen. Rainer Gärtner fragte als Sprecher der aktiven Boulespieler nach der Zukunft der Boulebahnen im Kurpark. Laut Kampen würden die unangetastet bleiben.

    Laut Volker Busse (SPD) gibt es in seiner Fraktion noch keine Einigung auf eine der Varianten. Er unterstrich, dass die Wege schleunigst saniert werden müssen. Er möchte weiterhin vieleVeranstaltungen im Kurpark stattfinden lassen und sprach sich für die Erhaltung der Esplanade aus. Laut seiner Einschätzung sei eine Eins-Zu-Eins-Wiederherstellung des Historischen Kurparks nicht möglich, auch wegen der Kosten. Der Park solle schon "aufgepeppt" werden, aber mit geringeren Mitteln als in den Plänen ausgewiesen.

    Auch Ansgar Werner (CDU) möchte vor allem eine Aufwertung der Aufenthaltsqualität erreichen. Dazu könnte er sich auch die Einrichtung eines Spielplatzes vorstellen. Gudrun Olk (SPD) warnte davor, den Anspruch an "Historie" zu hoch zu bewerten. Sie bezweifelte, dass die Esplanade überhaupt nach den Vorgaben des Denkmalschutzes wieder hergestellt werden könne.

    Friedrich Varwig (SPD) möchte wenig in Vorhandenes eingreifen und sprach sich für den Erhalt des "Hamburger Daches" aus. Das sei ein "Alleinstellungsmerkmal" von Bad Nenndorf. "Wo kann man sonst bei Regen Konzerte erleben?", so seine Frage in die Runde. Andreas Fedler (FDP) hatte den Sinnspruch "Das Bessere ist des Guten Feind" parat. Vor dem Hintergrund anstehender Ausgaben beim B 65-Ausbau oder beim Parkhaus-Bau warnte er vor einer "finanziellen Überforderung" des Stadtsäckels.

    Frank Steen von der Wählergemeinschaft Nenndorf (WGN) zeigte sich "erschüttert" über den Diskussionsverlauf. Dieser zeige eindeutig, dass Bad Nenndorf noch Dorf und längst noch nicht Stadt sei. Die Entscheidungsträger sollten sich nach seiner Vorstellung intensiver mit den Ausführungen der Fachfrau auseinandersetzen und mit dem "Erbsenzählen" aufhören. Landschaftsplaner Henning Dormann, als beratendes Mitglied dabei, setzte noch einen drauf. Nach seiner Empfindung würden viele Ratsvertreter beim Wort historisch gleich leicht hysterisch reagieren. Auch wenn bislang Veranstaltungen im Kurpark durchweg positiv gelaufen seien, gebe es doch durchaus Spielraum für Verbesserungen. Der Kurpark würde viel Substanz für neue Ideen bieten. Er warnte davor, den Kurpark in der "ästhetischen Bedeutungslosigkeit" versinken zu lassen.

    Silke Busche, KurT- Geschäftsführerin, erinnerte an die Kosten für die Unterhaltung der Parkanlagen und davor, die Esplanade nach historischem Vorbild mit Bäumen zuzupflanzen. Das würde die Durchführung von Veranstaltungen erschweren und außerdem erfordere die Anpflanzung neuer Gewächse mehr erfahrenes Personal zur Pflege, was nicht zu finanzieren sei. "Der Kurpark ist ein Juwel", stellte Ratsherr Erwin Biener fest. Es gebe immer noch Politiker, die wollen mit dem eingesparten Geld aus der "abgespeckten Variante" ein Parkhaus im Kurpark errichten. Diese Mittel sollten lieber gleich in den Kurpark gesteckt werden, so seine Forderung. Bevor sich die politischen Vertreter darauf verständigten, die Vorschläge nochmals in den Fraktionen zu beraten, meldete sich Busse mit der Idee zu Wort, eventuell auch noch den Denkmalschutz zu dem Thema ausführlich anzuhören.

    Foto: privat.Die modifizierte Planvariante 5 für den Kurpark, die nach letzten Erkenntnissen auch zuschussfähig ist. Markantes Merkmal ist hier die Sichtachse zwischen dem Hotel Esplanade und dem oberen Kurparkbereich. Anstatt des "Hamburger Daches" sind hier Sonnenschirme vorgesehen. Die Kurpromenade erhält ein "Wasserband". Der Weg ist mit Natursteinen gestaltet.

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