STADTHAGEN (mr). Zwar hätte sich die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) über eine größere Beteiligung gefreut. Doch die anwesenden Besucher hörten interessiert den Ausführungen und Ausschnitten zu, die der Enthüllungsjournalist Markus Breitscheidel aus seinem eineinhalbjährigen Leben als Hartz-IV-Empfänger und seinem Buch "Arm durch Arbeit" in der "alten polizei" vortrug.
Pflichtlektüre: Der Enthüllungsjournalist Markus Breitscheidel liest im Saal des Kommunikationszentrums Alte Polizei aus seinem neuen Buch "Arm durch Arbeit".
Breitscheidel beschrieb sein Bemühen, mit 132,71 Euro im Monat für Lebensmittel auszukommen und seine Überwindung, nach dem 20. des Monats sich durch das Sammeln von Pfandflaschen aus den Mülleimern sein Essen zu finanzieren. "Einkaufen am Limit" – so nennt er das dazugehörige Kapitel. Der Journalist erzählte von einer Familie, die aus dem Mittelstand in die Armut abgerutscht war, nachdem der Ehemann, ein Akademiker, seine Arbeit verloren hatte. Doch die "Kinder sind der größte Skandal der Agenda 2010", erklärte Breitscheidel. Sie hätten keinen eigenen Regelsatz, würden bis 14 Jahre 60 Prozent und ab 15 Jahre 80 Prozent der 345 Euro monatlich bekommen. Diese 345 Euro Regelsatz für Erwachsene beinhalteten beispielsweise 27,77 Euro für Einrichtungsgegenstände und 34,13 Euro für Kleidung und Schuhe sowie die bereits erwähnten 132,71 Euro für Lebensmittel. Schulsachen seien nicht berücksichtigt. Jeder wisse wie teuer in Zeiten der abgeschafften Lernmittelfreiheit Schulbücher seien. Die Kinderarmut sei in Deutschland seit der Agenda 2010 rasant angewachsen, führte Breitscheidel weiter aus. "Wir spielen fatal mit unserer Zukunft", setzte er nach. Auf der Rückseite des Buches steht: Dieses Buch sei "Pflichtlektüre für alle, die soziale Verantwortung tragen" und "ein aufrüttelnder Report über eine neue Arbeitswelt und das Überleben in Zeiten von Hartz IV". Dem ist, dem ersten Eindruck nach zu urteilen, nichts hinzuzufügen. Foto: mr