1. Eine Kutsche aus Apelern zieht bald Brautpaare zum Traualtar

    Ehemaliger Pfarrer erinnert sich an Kinderspielobjekt

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    APELERN (al). Als Achtjähriger hat er mit Gleichaltrigen auf ihr herumgeturnt; 60 Jahre später ist dem gebürtigen Apelerner Helmut Barth das ehemalige Kinderspielobjekt wieder in den Sinn gekommen. Jetzt rollte die alte Kutsche aus dem Besitz von Fritz und Sophie Büthe wieder ans Tageslicht. Zuvor stand sie rund vier Jahrzehnte unbeachtet auf einem Scheunenboden – eingestaubt und angerostet.

    Da freut sich Initiator Helmut Barth: Mitglieder der Apelerner Feuerwehr verladen die alte Kutsche sorgfältig für den langen Transport.

    Aber sie ist noch so funktionstüchtig, dass Barth sie neu verwenden will. Nach einer umfassenden Restaurierung werden Pferde angespannt. Dann könnten sich etliche behinderte Menschen auf kleine Ausflüge freuen. Der pensionierte Pfarrer betreut den "Hof Herz" in Gelsenkirchen. Die vor fünf Jahren gegründete Einrichtung bietet 630 Männern und Frauen Platz, die in einem "sozialen Lernfeld" ihrer täglichen Arbeit nachgehen und dabei von 170 Mitarbeitern unterstützt werden: Es gibt Werkstätten, einen Hofladen, Tiere aller Art und sogar einen kleinen Gastronomiebetrieb.

    "Da würde doch die Kutsche bestens passen", hatte sich Barth an die hiesigen Eigentümer gewandt und um Freigabe des alten Vehikels gebeten. Da bedurfte es keiner langen Überredungskunst. Barth überzeugte mit der Vorstellung des Projekts und dem Hinweis, dass es bereits Erfahrungen bei der Restaurierung von Oldtimern gebe. Erst kürzlich wurde ein alter Deutz-Trecker von 1952 wieder zum Laufen gebracht. Fritz Büthe grübelt inzwischen, wie er wohl damals das vermutlich jetzt 80 Jahre alte Gefährt auf den Dachboden gezogen haben mag. "Das muss wohl mit einem langen Strick passiert sein." Jetzt waren solche Anstrengungen nicht mehr notwendig: Mitglieder der örtlichen Feuerwehr packten kräftig an und hievten die Kutsche hinunter auf den Hof. Ein erster kritischer Blick galt Achsen und den eisenbereiften Holzrädern: "Das sieht alles noch sehr gut aus."

    Unmittelbar nach dem Transport nach Gelsenkirchen soll sie in der Werkstatt gründlich überholt werden. Tüchtig Öl benötigen die Naben; die Polster müssen neu bezogen werden; Kotflügel haben sich gelockert. Aber Barth ist sicher, dass die Herrichtung nicht lange dauern wird. Danach könnte die Kutsche für die Behinderten rollen oder auch Brautpaare vom Traualtar zur Hochzeitsfeier bringen.

    "Ein Pferd haben wir zwar schon", verriet der begeisterte Pfarrer: "Aber vielleicht besorgen wir uns noch zwei ‚Friesen’." Die behäbigen Vierbeiner dürften den idealen Antrieb für die alte Kutsche bilden. Auf die gespannten Gesichter der Gelsenkirchener freut sich Barth schon jetzt. Und auf die Apelerner Feuerwehr: Diese hat sich spontan zu einem Tagesausflug verabredet, wenn mitten im Ruhrgebiet die hiesige Kutsche zum ersten Mal neuen Zielen entgegenrollt. Foto: al

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