WENDTHAGEN. Endlich! Marianne de Vijlder hat mit ihrem Buch "Hat es vielleicht Hunger?" den Nerv vieler Mütter getroffen. Denn obwohl junge Frauen sich heute informieren, vorbereiten und mit ihrer Schwangerschaft auseinandersetzen, wie keine Generation zuvor, trifft sie das Muttersein oft mit voller Wucht.
Ines Hitzemann
Trotz immenser Fülle an Ratgeber-Literatur sei es unheimlich schwer, den Alltag mit Kind, Haushalt und Ehemann zu regeln.
"Ich hatte das Gefühl, noch einmal in die Pubertät zu kommen," erinnert sich Marianne de Vijlder an die ersten Monate ihres Mutterdaseins. Die Unsicherheit sei zum ständigen Begleiter geworden. Überall wussten Bücher, Verwandte aber auch völlig fremde Menschen, was das beste für ihre eigene Tochter sei. Nur sie selbst haderte mit vielen Entscheidungen.
An einem Herbsttag im vergangenen Jahr gab es einen Moment, der Marianne de Vijlder die Augen öffnete. In einer Stadthäger Drogerie stand sie mit Kind, Klopapier und Creme an der Kasse. Ein normaler Einkauf, eigentlich. Als aber die Tochter im Kinderwagen anfängt, zu schreien, habe sich eine besorgte ältere Dame zu Wort gemelden. "Hat es vielleicht Hunger?"
In diesem Moment sei sie furchtbar wütend geworden. Nach vier Monaten im dreistündigen Stillrhythmus habe sie kurz überlegt, die Frau anzuschreien und zu fragen, was sie das eigentlich angehe. "Die Seniorin wollte nur höflich fragen. Ich habe aber einen Vorwurf verstanden," weiß die Mutter heute.
Als sie diese Gratwanderung im Kreise anderer Mütter ansprach, sei ein Sturm losgebrochen. "Da habe ich gemerkt, das geht allen so." Doch in der sogenannten Fachliteratur werden diese Momente der Verzweiflung und Unsicherheit nicht thematisiert. Familie und Kinder sind in Zeiten sinkender Geburtenzahlen angesagte Themen. Elternzeit, Betreuungskonzepte und Patchworkfamilien sind Schlagworte, die immer wieder Thema sind. Entsprechend "angesagt" ist die Literatur für werdende Eltern aufgemacht.
Ihre Wut aus der Drogerie gegen ihre eigene Unsicherheit wandelte de Vijlder in Kreativität um. Sie schrieb die Situation auf und bat gleichzeitig Mütter aus ihrem Freundes- und Bekanntenkreis, eigene Erfahrungen zu berichten. Daraus ist aber kein Buch geworden, das die Lust auf eigene Kinder im Keim erstickt. "Grundsätzlich liebe ich meine Tochter", so de Vijlder. "Und jeden Morgen gehe ich an ihr Bett und freue mich, wenn ich sie sehe." Insgesamt sieben Frauen kommen in "Hat es vielleicht Hunger ?"zu Wort. Darunter ist eine Hebamme, die eine entspannte Sicht auf das Kinderkriegen einfließen lässt. "Trotz aller Lebensplanung und Vorbereitung ist die Geburt eines Kindes etwas Urwüchsiges", so de Vijlder. Und für jede Frau beziehungsweise jede Familie ist "verschieden völlig normal". Jede müsse ihren Weg finden und die Stärke entwickeln, gut gemeinten Ratschlägen auch mal die Stirn zu bieten. "Das Buch soll dabei stärken, den eigenen Weg zu gehen", so de Vijlder.
"Hat es vielleicht Hunger?" ist unter der ISBN 978-3-86805-382-1 im Buchhandel oder im Internet erhältlich. Erste Leseproben und weitere Daten zum Buch finden Interessierte unter www.devijlder.de . Foto: ih