STADTHAGEN (bb). Rund 15 Interessierte haben im Rahmen einer Veranstaltung der Wählergemeinschaft "WIR für Schaumburg" im Gasthaus Bruns über die Bildungspolitik in Niedersachsen und der Bundesrepublik im Lichte des "Pisa-Ländervergleiches" diskutiert. Gäste und Organisatoren hielten fest, dass Niedersachsen im Vergleich immer noch unterdurchschnittlich abschneide und deshalb ein erheblicher Veränderungsbedarf im Bildungsbereich bestehe.
Richard Wilmers, Vorstandsmitglied von WIR, hob hervor: "Niedersachsen landet im Ländervergleich immer noch auf den hinteren Plätzen, liegt signifikant unter dem Durchschnitt der OECD-Staaten." Wilmers hatte gemeinsam mit Uwe Toepfer in einem kurzen Vortrag erläutert, wie mit dem sogenannten "Pisa-Test" die Kompetenzen der Schüler überprüft werden.
Erstmals unterzogen sich im Jahr 2000 Jugendliche in 30 Mitgliedstaaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) diesem Test, bei dem vor allem Fähigkeiten wie Kombinationsvermögen, das Erkennen und Übertragen von Sachverhalten und Zusammenhängen gefragt sind. Das mäßige abschneiden der deutschen Schüler hatte damals zum sogenannten "Pisa-Schock" geführt. Wilmers und Toepfer erläuterten, dass sich die Ergebnisse in den folgenden beiden Tests in der Bundesrepublik insgesamt verbessert hätten.
Im Bereich Lesfähigkeit und Mathematik hätten die deutschen Schüler zuletzt Ergebnisse im OECD-Durchschnitt erreicht. Im Bereich Naturwissenschaften sei gar ein deutlicher Fortschritt erreicht worden, so dass Deutschland hier einen überdurchschnittlichen achten Platz im internationalen Vergleich erreiche. Betrachte man jedoch die Ergebnisse in Niedersachsen gesondert, habe das Land diesen Aufschwung weitgehend verpasst. In der Lesefähigkeit und in Mathematik lande Niedersachsen im Vergleich der Bundesländer mit Rang 13 und Rang 14 weit am Ende der Skala und bleibe auch deutlich unter dem Durchschnitt der OECD-Länder.
Bei den Naturwissenschaften wurde zwar der OECD-Durchschnitt übertroffen, in der Rangliste der Bundesländer reiche es jedoch ebenfalls nur zu einem 13. Platz. Auffällig sind weiterhin die großen Unterschiede der Ergebnisse von Schülern die aus verschiedenen sozialen Schichten und Schulformen stammen. Außerdem schneiden in Deutschland die Jugendlichen aus Einwandererfamilien deutlich schlechter ab. Die Leistungen der Mädchen sind im Bereich der Lesefähigkeit signifikant besser als die der Jungs.
Als Konsequenz forderten Wilmers und Toepfer, die Unterstützung von Migrantenkindern in der vorschulischen Erziehung auszubauen und später intensiv fortzusetzen. Lehrkräfte aus den Herkunftsländern sollten eingebunden werden.
Ebenso sei das Fünftel der Schüler, das sich in der Schule besonders schwer tue, verstärkt zu fördern. Anderseits drohe ein Absturz in die Perspektivlosigkeit und damit eine den Zusammenhalt der Gesellschaft bedrohende Entsolidarisierung. Gemeinsames Lernen, anders als im gegliederten Schulsystem, stärke soziale Kompetenzen und beuge dieser Entsolidarisierung vor.
Der Kompetenzerweiterung der Schüler in den verschiedenen Fächern müsse ausreichend Zeit eingeräumt werden.
Verkürzungen der Schullaufbahn würden den Druck auf die Jugendlichen und die Gefahr eines Herausfallens aus dem System erhöhen. Wichtig sei auch eine spezifische Förderung der Jungen, die sich an ihren Bedürfnissen orientiert.
Entscheidend sei die Erhöhung der Anzahl der Lehrer, um Unterricht in kleineren Klassen zu ermöglichen. All dies könne nur erreicht werden, wenn die Bildungsausgaben erhöht würden.
In der anschließenden Diskussion stimmten die Gäste den Thesen der Vortragenden zu. Sie betonte die Bedeutung der Ganztagsbetreuung und des gemeinsamen Lernens, ebenso der Weiterbildung der Lehrerschaft.
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