1. Als "Colonialwaaren" den Flecken verließen

    Auf einem Dachboden finden sich zwei Post-Einlieferungsbücher / Postgeschichte von 1837

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    LAUENAU (al). Vorsichtig blättert Erhard Meyer in zwei unscheinbaren braunen Bänden. Es dürfte noch eine Weile dauern, bis auch die letzte Eintragung der schwungvollen Sütterlinschrift entziffert worden ist. Die Mühe lohnt. Denn die Post-Einlieferungsbücher sind rund 130 Jahre alt und dokumentieren die Wert- und Einschreibsendungen sowie die Geldanweisungen, die ein Lauenauer Kaufmann zwischen 1878 und 1888 aufgegeben hat.

    Die lokalgeschichtlich wertvollen Unikate hat die Nenndorferin Gabriele Günther auf dem Dachboden entdeckt und kürzlich dem Heimat- und Museumsverein überlassen. Vorsitzender Jürgen Schröder ist dankbar für diese Geste, zumal die beiden Dokumente noch ein wenig Licht in die hiesige Posthistorie bringen. Neuere Forschungen haben die Darstellungen von Karl Parisius überholt; und selbst in den vom Lauenauer Geschichtsarbeitskreis herausgegebenen umfangreichen Bänden befinden sich noch Lücken.

    Lauenaus Postgeschichte geht auf das Jahr 1837 zurück, als in den "Hannoverschen Anzeigen" der Hinweis erfolgte, dass zum "1. Julius … Briefe … und Päckereien … zur Beförderung nach Lauenau aufgeliefert" werden könnten. Als Postspediteur und Amtsrentmeister ist H. Ch. Schmidt für die Jahre von 1838 bis 1864 überliefert. Ihm folgte Christian H. Rohlfs bis 1872, in dessen Zeit aufgrund der nach 1866 erfolgten preußischen Verwaltung des Königreichs Hannover das Postwesen neu geordnet wurde.

    Ab 20. August 1871 führte die Station den Namen "Kaiserliche Postspedition". Offenbar wechselte danach die Leitung mehrfach, bis schließlich Wilhelm Beneke wohl 1878 die Leitung übernahm. Dieser unterzeichnete am 15. November 1878 das erste auf den Kaufmann Carl Adolf Griesbach ausgestellte Post-Einlieferungsbuch. Das erleichterte offenbar die tägliche Abfertigung besonders wertvoller Sendungen, die sonst einzeln hätten quittiert werden müssen: Unter dem jeweiligen Datum wurden Briefe, Anweisungen oder "Packet" mit Empfänger, Bestimmungsort, Wert und Gewicht vermerkt und durch Unterschrift des Beamten samt Stempel bestätigt. Jeweils sechs Eintragungen auf insgesamt 95 Seiten waren möglich: Die beiden aufgefundenen Bücher für die Jahre von 1878 bis 1883 und von 1883 bis 1888 sind fast bis auf die letzte Zeile gefüllt. Interessant ist nicht nur der jeweilige Wert der vom "Colonial-, Kurzwaaren, Samen- & Stuhlhandlung" versandten Briefe und Pakete. Griesbach betrieb offenbar einen florierenden Handel quer durch das Deutsche Reich. Als Zielorte wurden unter anderem Braunschweig, Berlin, Goslar, Hamburg, Dortmund, Herford, Osnabrück, Frankfurt und Köln genannt.

    Griesbach errichtete übrigens 1895 ein neues Geschäftshaus, das heute die Nummer 3 in der Coppenbrügger Landstraße steht. Bei genauem Hinsehen ist sogar heute noch der blasse Schriftzug an der Fassade zu erkennen. Als das erste der beiden Einlieferungsbücher begonnen wurde, hat sich an gleicher Stelle das Kaiserliche Postamt befunden. Das Gebäude wurde jedoch wegen Baufälligkeit abgerissen. Deshalb wechselte die Dienststelle 1878 für zehn Jahre in die Marktstraße 10, um 1888 in einen auf dem Areal der heutigen Volksbank, Coppenbrügger Landstraße 7, erstellten Neubau zu ziehen. Von dort wurden neben dem "Ortszusteller" auch die drei Landzusteller in die umliegenden Ortschaften entsandt. Foto: al

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