1. Brassenschlag ist eine Ehre für Inhucker

    Erst müssen die Bartstoppeln ab - damit die Brasse nicht leidet

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    STEINHUDE (sowi). Die Steinhuder sind um zwei zweibeinige Brassen reicher. Das heißt nicht, dass die Bevölkerung gewachsen ist, sondern zwei langjährige Einwohner wurden aus ihrem Inhucker-Dasein in den Stand der Brassen erhoben und dürfen sich nun echte Steinhuder nennen. Das geschieht ohne amtliche Formalitäten und ist ein öffentlicher Akt, der zu einem Zuschauermagnet geworden ist. Für die Kandidaten ist dieser Vorgang, der manchem einen Schauer über den Rücken jagt, eine Ehre.

    Kein Entkommen mehr für Charly Witte: Freunde sorgen dafür, dass er pünktlich zum Brassenschlag auf den Drebel kommt.

    Schleim ab: Neptun, der Herr aller Gewässer, geht mit den Kandidaten beim Brassenschlag nicht zimperlich um.

    Peinlich genau werden die zukünftigen Brassen schon lange im Vorfeld ermittelt: Es müssen zwei unbescholtene Bürgerinnen oder Bürger sein, die nicht in Steinhude geboren sind aber seit vielen Jahren dort wohnen. Und sie müssen sich in besondere Weise um Steinhude und ihre Bürger ehrenamtlich engagieren. Im Kreis der bisherigen Brassen wird dann der Schlag und die offizielle Aufnahme vollzogen. Dies geschieht mit einem kapitalen echten Brassen aus dem Steinhuder Meer. Wenn Neptun, der Herr der Meere, Ozeane, Flüsse, Bäche und Tümpel dann gnädig gestimmt ist, zieht er den schleimigen Fisch von links nach rechts und von unten nach oben durch das Gesicht des Kandidaten. Und wenn er dem Kandidaten etwas besonderes tun will - wie in diesem Jahr bei Ulrich Spohr - dann zieht er den Fisch noch einmal zusätzlich von oben nach unten durch das Gesicht. Dabei lässt er sich auch nicht vom Aufschrei aus der Menschenmenge abhalten.

    Für den Brassenschlag werden die Kandidaten entsprechend vorbereitet. Sie müssen ihre Füße in brackigem Moorwasser baden, was gleichzeitig gegen Haarausfall und Heiserkeit schützen soll und sich anschließend gegenseitig abspülen. Als langjährige Steinhuder müssen sie wissen, wie viele Brassen im Steinhuder Meer gezählt wurden, wie groß das Meer in Quadratmetern ist, wie der Meerabfluss heißt und wie schwer der größte im Meer gefangene Aal war.

    Sowohl Ulrich (Ulli) Spohr als auch Hans-Jürgen (Charly) Witte zeigten Lücken, die sie mit einem hochprozentigen Getränk, einer Scheibe mit Meerrettich garnierten Mettwurst schließen mussten. Auch wer die Antwort schnell parat hatte, kam in den Genuss dieses kleinen Imbisses, der offenbar erheblich in Kehle und Nase brannte.

    Als dann inspizierten Neptun alias Manfred Tatje und sein Gehilfe Julius (Stefan Schuster) die Gesichter der Kandidaten, denn jegliche Bartstoppeln mussten entfernt werden, damit vom Brassen ja keine Schuppe hängenblieb. Charly Witte hatte wohl am Morgen gründliche Arbeit geleistet, doch bei Uli Spohr wurde eine Bartstoppel entdeckt. Charly hatte nun die Aufgabe, sein Gegenüber genau an der Stelle einzuseifen und zu rasieren, so dass Neptun schließlich seine Werk vollziehen konnte.

    Die Brasse flutschte von links nach rechts und von unten nach oben durch die Gesichter, anschließend bei Ulrich Spohr noch einmal von oben nach unten. Dann gab ihnen Neptun mit auf den Weg, künftig ihren ehrenamtlichen Aufgaben treu zu bleiben: Charly Witte engagiert sich in verschiedenen Steinhuder Vereinen wie in der Notgemeischaft, im Fischer- und Webermuseum und dem Schaumburg-Lippischen Heimatverein Ortsgemeinschaft Seeprovinz, was ihm den Beinamen "Hans Dampf in allen Gassen" eingebracht hat.

    Ein "Ulli für alle Fälle" ist Ulrich Spohr, der neben seiner Tätigkeit in verschiedenen Steinhuder Vereinen und Institutionen im SC die Sparte Fußball-Jugend gegründet hat. Weiterhin war er in der Wettfahrtvereinigung für die Wasserrettung zuständig. Lange Jahre war er auch Elternvertreter an der Grund- und Realschule.

    Foto: sowi

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