STADTHAGEN (mr). 2009 könnten circa 62 Mitarbeiter der Krankenhäuser Stadthagen und Rinteln ihren Arbeitsplatz verlieren. Nämlich dann, wenn die befristeten Arbeitsverträge nicht verlängert werden. Auf der Station 8, Chirurgische Abteilung, würde das bedeuten, dass die Stationsleiterin Brigitte Lehrmann-Scheling drei ihrer Kollegen verlöre. "Wie auch immer das gehen soll", sagt sie. Seit dem letzten Jahr kämpfen die Personalräte der Krankenhäuser um eine Personalsicherungsvereinbarung. Bis heute ist ihnen der Arbeitgeber eine Antwort schuldig geblieben. Nun findet am Mittwoch, 20. Mai, der erste Gesprächstermin zwischen den Arbeitnehmervertretern und "proDiako", dem neuen Dach des Gesamtklinikums, statt. Um ihren Forderungen mehr Ausdruck zu verleihen und aus Solidarität zu den Kollegen, deren Verträge demnächst auslaufen, rufen die Personalräte zum Treffen aller Mitarbeiter des Krankenhauses Stadthagen um 14.30 Uhr vor dem Kreishaus auf.
Von dreien aus dieser Stationsrunde könnte der befristete Arbeitsvertrag nicht verlängert werden.
Im Frühdienst habe sie heute mit Corinna Knier, Beatrice Herrmann und Günter Schmidt gearbeitet. "Wenn ihre Verträge auslaufen, bin ich alleine hier", stellt Brigitte Lehrmann-Scheling fest. "Wie auch immer das gehen soll." Schon jetzt sei es eine Herausforderung, die Dienstpläne zu schreiben. Lehrmann-Scheling erinnert sich an die Aussage von "proDiako". "Wir schaffen und gestalten das gemeinsam." Von einem Mitwirkungsrecht spüre sie nichts. Knier und Herrmann haben mit 24 und 22 Jahren ihre berufliche und private Zukunft noch vor sich. Pläne, sagen sie, seien momentan nicht zu machen. Eigentlich möchte Knier gern von zu Hause ausziehen. Doch sie weiß nicht, ob sie nach dem 30. Juni noch ihre Arbeit hat. Auch ihre Mutter, Susanne Knier, könnte Ende Oktober das letzte Mal die Betten reinigen, neu bestücken, die Bettwäsche sortieren oder einen Dienst der Kollegin übernehmen, damit diese von einem Teil ihrer Überstunden runterkommt. Seit zweieinhalb Jahren ist die 48-Jährige im Krankenhaus Stadthagen beschäftigt – fünfmal ist ihr Arbeitsvertrag bislang verlängert worden. Was sie sieht, wenn sie die Stationen besucht, bestätigen die Pflegekräfte: mit zunehmenden Personalabbau "wird die Pflege gefährlich" (Corinna Knier).
Schon jetzt müssen auf der Station 1, Innere Abteilung, Kollegen von Zeitarbeitsfirmen eingesetzt werden. Andrea Drosdek, Krankenschwester auf der Station und mit unbefristetem Arbeitsvertrag, berichtet, dass sie oft erst kurzfristig erfährt, wer kommt. Eine Einweisung ist bei wechselndem Personal erforderlich. Das kostet Zeit. Zeit, die den Patienten fehlt. Trotzdem könnten auch auf dieser Station zwei Arbeitsverträge zum Ende Mai und Ende September nicht verlängert werden. Eine Logik, die Drosdek nicht versteht. "Wenn der Bedarf augenscheinlich da ist, warum werden befristete Verträge nicht verlängert und stattdessen Zeitarbeiter beschäftigt?", fragt sie.
Auf der Inneren liegen viele Menschen dauerhaft – manchmal auch zum Sterben. Gerade für diese und ihre Angehörigen ist zusätzlich die psychologische Betreuung äußerst wichtig. Die zu kurz kommt. Drosdek müsse sich einen "dicken Mir-Egal-Panzer" zulegen, um die "normale" Arbeit ohne Schuldgefühle bewältigen zu können. Zu Hause falle ihr Panzer ab und sie mache sich Vorwürfe, dass sie sich den Panzer zugelegt habe. Denn "so will ich nicht mit Menschen arbeiten", erklärt sie.
Darum trifft sie sich gemeinsam mit ihren Kollegen heute um 14.30 Uhr vor dem Kreishaus. Foto: mr