STADTHAGEN (wtz). Land auf, landab mehrt sich der Widerstand in der Bevölkerung gegen die Schulpolitik der Landesregierung. Wie aktuell in Langehagen bekundeten auch in der Schaumburger Kreisstadt Eltern, Lehrer und Schüler öffentlich ihren Protest. Auf dem Stadthäger Marktplatz fanden sich hierzu über 100 Gegner der Schulpolitik zu einer von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und der Initiative "Keine Demontage der Gesamtschulen" organisierten Protestkundgebung zusammen. "Bildungsnotstand verhindern", lautete die große Überschrift unter der Richard Wilmers als Sprecher der Initiative die Wortbeiträge eröffnete. Er kritisierte das Bildungspapier der CDU-Regierung auf das schärfste. Eine Weiterbeschäftigung von Pensionären, Mehrarbeit für Referendare, Quereinsteiger im Schuldienst, Zusammenlegungen von Schulklassen, verringerte Teilzeitarbeit für Lehrkräfte und die Abschaffung von vollen Halbtagsschulen waren Schlagworte, die er weiter ausführte. Sein Hauptaugenmerk richtete der landesweite Kämpfer für Integrierte Gesamtschulen (IGS) jedoch auf die konkrete Absicht der Landesregierung auch an IGS mit gymnasialer Oberstufe ab 2018 die Allgemeine Hochschulreife nach zwölf Schuljahren einzuführen. "Diese Schulzeitverkürzung an Gesamtschulen wollen und werden wir nicht hinnehmen", so Wilmers. "Mit ihrer Ankündigung zeigt die Landesregierung, dass sie entweder das System der Integrierten Gesamtschulen nicht versteht, oder dass sie mit der Schulzeitverkürzung diese Schulform bewusst demontieren will", Wilmers weiter. Als Schülerinnen der IGS trugen auch Judith Blatt, Fenja Pennewitz, Malena Gräwer und Leonie Wahlmann ihre Argumente gegen das Turboabi vor. "Landesweit wollen 54 Prozent aller Eltern ihre Kinder auf einer Gesamtschule anmelden", vermeldete Burkhard Witte als Vorsitzender des Schulelternrates der IGS Schaumburg. "Unsere Landesregierung bekämpft jedoch die Gesamtschulen." Das aktuell geplante Gesetz sei ein Gesamtschulverhinderungsgesetz, mit dem die Gesamtschulen von Innen heraus kaputtgemacht werden sollen, führte er unter deutlichem Applaus der Zuhörer aus. "Wo bleibt die Demokratie, wo bleibt der Elternwille", rief er als rhetorische Fragen in die Menge. Als Verantwortlichen für die aktuelle Schulpolitik machte Witte Ministerpräsident Christian Wulff selbst aus, "der im Hindergrund die Fäden ziehe". Kultusministerin Elisabeth Heister-Neumann bezeichnete er lediglich als "Marionette, die ab und zu mal ein Kostüm durch das Land tragen muss." Keine Notwendigkeit für ein Turboabitur sieht auf Torsten Reinecke als Schulleiter der Haupt- und Realschule in Obernkirchen, die ab dem nächsten Schuljahr in eine Gesamtschule umgewandelt wird. Diese Regelung hebele die Grundzüge der Arbeit an einer IGS aus. "Hierfür besteht keine pädagogische Notwendigkeit." Kämpferisch präsentierte sich auch der stellvertretende Vorsitzende des Kreiselternrates Bernd Wolff. Dass sich Gesamtschulen einem Wettbewerb mit Gymnasien stellen sollen, beanstandete er deutlich. "Da vergleicht Frau Heister-Neumann Äpfel mit Birnen." Er forderte: "Kein Turboabitur an IGS, keine Demontage der IGS und keine Notstandspakete an IGS. Wir Schaumburger Eltern setzen ihrem Paket Vorfahrt für Bildung ein Stopp-Schild entgegen." Foto: wtz
Über 100 Lehrer, Eltern und Schülern demonstrieren gegen das Turboabitur auf dem Marktplatz.