BAD NENNDORF (pd). Bei den Arbeitsgruppen-Sitzungen für die anstehende Stadtsanierung machen sie sich zurzeit stark für die Neugestaltung der Innenstadt von Bad Nenndorf. Beim Anblick der Bauruine an der Ecke Hauptstraße/Kreuzstraße ärgern sich Dr. Bernd Zimmermann, Henning Dormann und Michael Kosian über den ihrer Meinung nach unüberlegten Abriss. Dort, wo noch vor wenigen Wochen eine beliebte Gaststätte zu finden war, beherrschen jetzt Bauzaun, Abrissbagger und Schutt die Szenerie. Schützenhilfe bei der Formulierung ihrer Kritik haben sich die drei bei Manfred Röver geholt, einem ausgewiesenen Experten für regionale Architektur und Fachwerkhäuser.
Schon vor Jahren stand das Gebäude mit Scheune als "Sorgenkind" der Denkmalpflege im Schaumburger Land in einer Dokumentation, die von der Interessengemeinschaft Bauernhaus mit der Unteren Denkmalschutzbehörde des Landkreises zur Rettung gefährdeter Baudenkmale herausgegeben wurde. Röver zeigte darin auf, dass es sich bei dem Gebäudekomplex um eines der letzten noch erhaltenen Fachwerkgebäude des Kurortes handeln würde.
Bis 2002 stand die Scheune unter Denkmalschutz, ist dann allerdings auf Betreiben des Eigentümers aus der Denkmalliste gestrichen worden.
"Natürlich gibt es Verfall an solch alten Gebäuden", räumt Röver ein. Dennoch seien Scheune und Nebengebäude nach seiner Einschätzung eine Bereicherung für das Stadtbild gewesen und daher ist es für ihn unverständlich, dass damit jetzt kurzer Prozess gemacht wurde. Er wolle nicht mit dem moralischen Zeigefinger diejenigen anprangern, die das zu verantworten hätten. Aber schließlich sei alles eine "Frage des Wollens".
"Anderswo werden solche Gebäude doch auch nicht einfach der Abrissbirne ausgeliefert", ereifern sich Dormann, Zimmermann und Kosian. Henning Dormann hat einige Daten über die Fachwerkscheune parat, die immerhin schon 1778 in Chroniken auftaucht. Das Gasthaus war ein zweistöckiger Ziegelbau, der 1850 errichtet wurde. Dormann kann einfach nicht nachvollziehen, warum so rasch und ohne viele Diskussionen das alt erwürdige Gebäude dem Abriss preisgegeben wurde. Hier sei ein Teil der Ortsgeschichte kurzerhand vernichtet worden, so seine Anklage.
Und Michael Kosian, auch eifriger Mitstreiter beim "Runden Tisch" zum Thema "Innenstadtsanierung", stellt sich die Frage "Wer hat hier geschlafen und die Genehmigung zum Abriss erteilt?" Bereits bevor das Areal zum Sanierungsgebiet erklärt wurde, hätte eine Grundbucheintragung erfolgen müssen.
"Möglich wäre auch eine Veränderungssperre gewesen", führt Kosian weiter aus, der in seinem Berufsleben als Diplom-Bauingenieur tätig war. Durch den Abriss des Fachwerkensembles verliere Bad Nenndorf noch mehr an Gesicht und Geschichte, ist Kosian überzeugt.
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