LANDKREIS/AUETAL (tt). Zwischen Hattendorf und Langenfeld an einem Wanderweg gelegen findet zurzeit ein Projekt statt, das schon bundesweit für Aufsehen gesorgt hat. Auf dem ehemaligen "Brennplatz" der Gemeinde Auetal wachsen inzwischen Acker-Wildkräuter, die schon als ausgestorben angesehen wurden oder auf der "Roten Liste" für bedrohte Pflanzenarten stehen. Dr. Holger Buschmann, Biologe und Vorsitzender des Landesverbandes des Naturschutzbundes (NABU), stellte das Projekt während der Jahreshauptversammlung des NABU-Ortsverbandes Auetal näher vor. "Unkräuter waren in der Kulturlandschaft des Menschen eigentlich immer unerwünscht", so Holger Buschmann, der das allerdings ein wenig anders sieht, denn Ackerwildkräuter sind Zeugen der Kulturlandschaftsentwicklung und haben positive Einwirkung auf die Landschaft. Ackerwildkräuter wie Kornblume, Mohn und Kamille waren durch viele Jahrhunderte bunte Begleiter der Nahrungsmittelerzeugung auf den Äckern. Etwa drei Viertel aller in Deutschland vorkommenden "Unkrautarten" sind erst mit dem Getreideanbau nach Mitteleuropa eingewandert. Zunehmender wirtschaftlicher Druck auf die Landwirtschaft und daraus resultierende Perfektionierung der Unkrautbekämpfung mit Herbiziden führten in den letzten Jahrzehnten zu einem immer stärkeren Artenschwund im "Lebensraum Acker". Für viele Tierarten, die direkt oder indirekt auf Ackerwildkräuter als Nahrungsquelle angewiesen sind, bietet die "Nektarwüste Getreidefeld" keinen Lebensraum mehr. Entsprechend stark ist die Tierwelt auf den Äckern zurückgegangen. "Bereits in den 50er Jahren waren einige Pflanzenarten gefährdet, die heute in Botanischen Gärten zu sehen sind oder in "Genbanken" gelagert werden", so der Biologe weiter, der aus Natur- und wissenschaftlichen Gründen die Schaffung von "Schutzäckern" als dringend erforderlich ansieht. Der Acker in Hattendorf wurde bereits bis 1992 vom BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz) betreut und galt als Brachland im Landschaftsschutzgebiet. "Leider wurde er dann als Brennplatz und unerlaubter Schuttabladeplatz missbraucht", so Buschmann weiter, der umso mehr überrascht war, als er 2007 erstmals das etwa 1 Hektar große Stück Land begutachtete und seltene Kräuterarten fand. Im Zuge des geförderten Projekts "100 Äcker für die Vielfalt" wurde im letzten Jahr mit der genetischen Kartierung begonnen. Der NABU-Landesverband arbeitet hier mit dem Kreisverband Schaumburg, dem Auetaler Ortsverband und der Uni Göttigen zusammen. "147 verschiedene Wildkräuter haben wir bisher gefunden, darunter die gefährdete Ackerröte und den Ackerritterspron oder den stark gefährdeten Venuskamm, die verschwundene Strahlen-Breitsame oder die als ausgestorben geltende Saat-Kuhnelke und der Acker-Kohl, um nur einige zu nennen", zieht Dr. Buschmann eine erfreuliche Bilanz. 23 der gefundenen Kräuter stehen bereits auf der "Roten Liste", einige galten bereits als verschollen. Diese Entwicklung soll nun weiter beobachtet werden und entsprechende Schutzvorkehrungen getroffen werden. Was nicht heißt, dass der "Schutzacker" im Verborgenen bleiben soll. Ganz im Gegenteil, das Feld soll gekennzeichnet und für Wanderer und Interessierte zugänglich gemacht werden. Zurzeit wird geprüft, wie Hinweistafeln oder Schilder angebracht werden können, damit diese einzigartige und hochwertige Artenvielfalt, die es gilt zu schützen und zu erhalten, auch betrachtet werden kann. Gerade im Frühjahr und Sommer wird das Feld in seiner zu erwartenden Blütenpracht einen schönen attraktiven Blickfang bieten. Foto: tt
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Ein seltenes Idyll am Wegesrand
"Schutzacker-Projekt" schützt seltene Wildkräuter / NABU unterstützt bundesweite Aktion
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