STADTHAGEN (mr). Eigentlich sollte Mechthild Ross-Luttmann, Niedersächsische Ministerin für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit auf dem Partner-Forum der Paritätischen Gesellschaft Behindertenhilfe (PGB) über die "Werkstatt als Erfolgsmodell" referieren. Dass Wolfgang Schoepffer als Abteilungsleiter des Ministeriums nun "hier für eine Enttäuschung steht", sei er als Beamter gewöhnt. Leider seien die Terminkalender der Minister durchaus "fremdbestimmt", entschuldigte er die kurzfristige Absage der Ministerin humorvoll. Dafür übernahm er kompetent ihren Part und stellte den Partnern der PGB, Vertretern aus der Wirtschaft, Verwaltung, Kostenträgern und einigen Gruppen mehr, das Erfolgsmodell "Werkstatt" als "Doppelnatur" vor.
Wolfgang Schoepffer benennt als Vertreter des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales den Spagat, den die PGB als soziale und wirtschaftliche Einrichtung machen muss.
Auftragsarbeit: In der Werkstatt kümmert sich Helge Brandes darum, Lagerbuchsen zu drehen.
Während sein Vorredner, Geschäftsführer der PGB, Bernd Hermeling, die "Doppelwertschöpfung" der PGB als soziales Dienstleistungsunternehmen zum einen und als Wirtschaftsunternehmen zum anderen "noch nett als Herausforderung" bezeichnet habe, nenne er es "Dauerspagat".
Die Fähigkeiten von Menschen mit Behinderung seien vielfältig. Ein entsprechendes Angebot von Arbeitsplätzen sei notwendig. Es gelte, die Individualität und das Potential der Beschäftigten zu fördern und zu fordern. Gleichzeitig arbeite die Werkstatt als ein Produktionsbetrieb, in dem es um die Vermarktung der Produkte gehe. Gerade der wirtschaftliche Erfolg schlage sich stark in der Entlohnung der Beschäftigten wieder. "Die Erfolgsbeteiligung liegt nahezu bei 100 Prozent", so Schoepffer weiter. "Bei dem Entgelt könnte man noch deutlich mehr zulegen", ergänzte Günter Famulla, Verwaltungsratsvorsitzender der PGB. Doch leider könne nur das weitergegeben werden, was erwirtschaftet werde.
Für dafür notwendige Produktionssteigerungen bietet sich ein Partner-Forum gut an. Erstmalig findet es statt, soll sich jährlich als eine "Frühjahrsbegrüßungsveranstaltung" etablieren, erklärte Hermeling. Ziel sei es, die Partner über die vielschichtigen Dimensionen der PGB ausführlich zu informieren sowie den Dialog zu intensivieren und auszubauen.
Schoepffer lobte diese Initiative als einen "Modellfall", den er noch nicht erlebt habe. Vor allem die selbstbewusste Darstellung der PGB als eine "Unternehmung", die weiß, was sie kann, imponierte ihm. Auch der Landrat Heinz-Gerhard Schöttelndreier bezeichnete die PGB als "unverzichtbar in der Sozialstruktur im Landkreis" und sicherte weiterhin die Unterstützung und enge Zusammenarbeit zu. Famulla dankte den Geschäftspartnern der PGB für ihre Präsenz auf dem Partner-Forum und ihr Engagement. Menschen mit Behinderung in die Mitte der Gesellschaft als "normale Arbeitnehmer" zu holen, sei möglich. Die Werkstätten dürften dabei nicht als "sozialpädagogische Schonräume" verstanden werden. Dem stimmte Schoepffer zu: "Erwachsene Menschen haben einen Anspruch auf Realität." In diesem Spagat aus sozialer Einrichtung und "echtem" Marktteilnehmer müsse jede Werkstatt versuchen, sich individuell in ihrem regionalen Umfeld zu behaupten.
Im Landkreis beweisen über 1 100 Beschäftigte der PGB, dass sie das können. Foto: mr