1. Das Vergnügen eines Gesamtkunstwerkes

    Stephan Winkelhake und Uli Meyer begleiten Dieter Moor durch Wilhelm Buschs Werk

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    WIEDENSAHL. Da war ein Profi am Werk. Doch je länger der Abend dauerte, desto mehr merkte man ihm an, dass er sein Programm nicht nur professionell servierte. Dieter Moor, auf der Mattscheibe bisweilen spröde bis arrogant wirkender Moderator der Kultur-Sendung "t t t – Titel, Thesen, Temperamente” im ARD-Fernsehen, war deutlich anzumerken, wie viel Spaß es ihm machte, im Wiedensahler Geburtshaus des Malers und Zeichners, Dichters und Denkers, Verse von Wilhelm Busch vorzutragen"

    Dieter Moor im Busch-Geburtshaus.

    Doch so richtig rund für den Schauspieler auf dem Podium und das Publikum auf der bis auf den letzten Platz besetzten Diele des Busch-Hauses machten die Musiker Stephan Winkelhake und Uli Meyer mit ihren Intermezzi an E-Piano und Saxofon einen vergnüglichen Abend.

    Schon nach wenigen Minuten der nachmittäglichen Probe war zu spüren gewesen, dass die Chemie zwischen den Protagonisten stimmte. Davon profitierten am Abend dann alle. Und neben dem Können der Instrumentalisten spielte auch die Auswahl der Stücke eine wichtige Rolle. Dabei bediente sich das Trio einer Vorlage des österreichischen Radio-Mannes Reinhard Seifert, der die Worte des Weisen aus Wiedensahl vor allem mit Werken französischer Tonsetzer mal ergänzte, mal kontrastierte.

    Mit der "frommen Helene” und ihrem nicht gerade steten Lebenswandel hatte der Fernsehmann und Ökobauer Moor das Publikum schnell auf seine Seite gezogen. Satz-Passagen aus Erwin Schulhofs "Hot-Sonate” passten dazu wie die vielzitierte Faust aufs Auge. Mal jammerte sich Meiers Saxofon Onkel Nolte gleich in den Vordergrund, dann trugen Winkelhakes fingerfertige Tastenläufe zum nächsten Kapitel über. Im steten Wechsel von Wort und Musik lag der Reiz dieser Lesung, die zudem mit Szenenbildern aus Buschs Feder illustriert wurde.

    Als Helene am Ende zum "verkohlten Frauenzimmer” mutierte und "der Rest nicht mehr zu gebrauchen” war, lief Moor zur Höchstform auf. Nuanciert proklamierte er den "Triumph des Bösen” um wenig später mit einer gehörigen Portion Sarkasmus und damit Distanz Onkel Nolte "Gott sei Dank! Ich bin nicht so!” als Fazit ziehen zu lassen.

    Zu schnell für einen eigentlich fälligen Applaus für diesen furiosen Auftakt leitete Moor mit Busch-Gedichten wie "Unfrei” und "Lebenslauf” über zum Namensgeber des Programms, "Hans Huckebein, der Unglücksrabe”. Hier ergänzten, kommentierten die Musiker bei drei Breaks und zum Finale mit Takes der "Scaramouche” von Darius Milhaud. Mit verdientem stürmischen Beifall ging es in die Pause.

    Versammelter begann Teil zwei des Abends. "Des Totengräbers Sohn”, das von Wilhelm Busch (1832–1908) in seiner ersten großen Lebenskrise als junger Twen in der Wiedensahler Heimat gehörte und aufgeschriebene Volksmärchen machte vertaut mit einem dem Dichter eigentlich zu selten zugeordneten Metier, das er allerdings kaum weniger erfolgreiche bearbeitete als andere Bereiche. Hier gab es das Happyend, das man in den Bildergeschichten vergeblich sucht.

    Wie es den berühmtesten Figuren aus Buschs Zeichenstift und Feder, Max und Moritz, erging, ist allgemein bekannt. Doch so wie von Moor vorgetragen haben es auch die Stammgäste im Geburtshaus noch nie gehört. Mit den Tiergedichten "Fink und Frosch”, "Ein Vogel” sowie "Hund und Katze” hatte der Wahl-Brandenburger aus der Schweiz sein Publikum mitgenommen zu den sieben Streichen. Die wiederum fanden ihre musikalische Ergänzung durch Sätze aus Paule Maurices "Tableaux de Provence” und wurden so ebenfalls zu einem neuen genussvoll-gelungenen Gesamtkunstwerk mit zwei Autoren und drei Interpreten. "Gott sei Dank! Nun ist’s vorbei / Mit der Übeltäterei!” lautet das Fazit der Dorfbewohner auf die Verschrotung der bösen Buben. "Schade, dass es schon vorbei ist”, war das vielgehörte Fazit der Zuhörer nach zwei köstlich unterhaltsamen Stunden. Foto: privat

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